Letzte Gedichte II - Teil 2 "Überwunden"

Fortsetzung der Gedichte aus "Letzte Gedichte -  II Überwunden"

Inhalt

Wie lange noch?

Aufschub

Träume helfen!

Es geht mir doch noch gut

Die gefährliche Sekunde

Dichterglück

Unfreundliche Wandlung

Alte Musik

Guter Vorsatz

Das Schlimmste trifft vielleicht nicht ein

Liebes-Gelöbnis in gefährlicher Zeit

Kleines Traumlied

Wandlungen

Von dir verworfen

Zurück zum Hades

Eigensüchtige Spielerei

Apokalyptisches Leben

Gespenstische Zukunft

Der teuflische Sirenenton

Zirkus des Todes

Im Welten-Gewitter

Rundfunk-Oase

Verfehlte Freundschaft

Bittere Beichte

Christbaum-Verse für Leni

Weihnacht 1940

Silvestergedicht für Leni

Gedichtkreis: Die Zwischenzeit (unvollendet)

I. Läßt mein Gott mir Zeit, zu zeigen

II. Nicht meinetwegen wird dies Lied geschrieben

III. Damals, in jenen ersten Märzentagen

IV. Geliebte Zürich-Stadt: in deinen Mauern

V. Doch waren wir noch frisch und guter Dinge

VI. Ich zögerte, das Festland zu verlassen

VII. Die Kleinigkeiten, die nicht viel bedeuten

Fragen zum Jahresbeginn

Gloria in excelsis

Im Bann des Todes

Fluch der Entzweiung

Gebet

Ruinen-Welt

Flüchtiger Schnee

Trügerisches »Vielleicht«

Sturz Zions

Vor dem Ende

Nur wenig Platz

Tödliche Stille

Der Spiegel

zurück zu den Gedichten von Max Herrmann-Neiße


 

24. 06. 1940

Wie lange noch?

Ich sage mir von einem Tag zum andern:
»Dies ist der letzte, der es mir erlaubt,
noch einmal ungestört im Park zu wandern«,
und habe doch nie recht daran geglaubt,
daß die Minute einmal wahr sein könnte,
da mich das bißchen Sicherheit verließ,
der schwache Schutz, den mir die Welt noch gönnte,
bevor sie mich ins Ungewisse wies.
Als hätte ich mich frevelhaft vergangen,
bin, ohne Schuld, ich peinlich im Verdacht,
vielleicht im nächsten Augenblick gefangen
und um den Schein an Freiheit noch gebracht,
der Freiheit, derentwegen ich entsagte
und mich der heimatlichen Hut entschlug,
die Flucht in das mir Unbekannte wagte,
der Fremde Unzulänglichkeit ertrug,
um hier nun, in der Freiheit Mutterlande,
in dem ich mich in Freundesland gemeint,
zu meiner und der ganzen Menschheit Schande
mißtrauisch gleichgesetzt zu sein dem Feind.
Wie bitter fühlt die Hoffnung sich betrogen!
Die Seele, leicht verletzbar, faßt es nicht,
daß man ihr plötzlich das Vertraun entzogen,
den Gottesfrieden ungekündigt bricht.
In Acht getan von jedem Menschenbunde,
von denen auch, die meine Sehnsucht liebt,
frag' ich mich von Sekunde zu Sekunde:
»Ist dies die letzte, die mir Atem gibt?«


28. 06. 1940

Aufschub

Wieder ist ein Tag gewonnen,
und wir blieben noch vereint;
hattest ihn mit Gram begonnen,
Trennungs-Tränen schon geweint,
doch nun ist er mild verstrichen,
ruhevoll im Sonnenschein,
und von all dem Fürchterlichen
traf für diesmal noch nichts ein.
Saßen sommerlich beisammen,
wo man auf die Rosen sah,
und des Weltenbrandes Flammen
waren noch nicht allzu nah,
bröckeltest den Spatzen Krümchen,
einer flog auf deinen Schuh,
viele sanfte blaue Blümchen
lächelten dir freundlich zu,
und ich durfte friedlich lesen,
wartend auf das Abendrot;
herrlich war' die Welt gewesen,
wär' sie nicht von Mord bedroht!
Doch wir konnten fast vergessen,
träumten zärtlich Hand in Hand,
wie wir liebend einst gesessen
sommerlich im Heimatland,
noch einmal der Not entronnen,
der man sich verfallen meint.
Wieder ist ein Tag gewonnen,
und wir blieben noch vereint.


01. 07. 1940

Träume helfen!

Träume können uns nicht retten,
nichts hilft uns die bange Wacht,
liegen wir in unsern Betten
schlaflos manche lange Nacht.
Aber ist das Fenster offen
wieder neuem Morgenglück,
kommt zu neuem Tun und Hoffen
neuer Lebensmut zurück.
Bäume schütteln ihr Gefieder,
schaukeln sich im frühen Wind,
aller Vögel Morgenlieder
voller Lebensfreude sind;
immer gleich und stets verschieden
teilt der Tag sich wieder aus,
und man hat in Krieg und Frieden
in der Fremde ein Zuhaus.
Ist uns dieses auch genommen,
letzte Zuflucht uns zerstört,
wird ein Übermorgen kommen,
wo es uns noch mehr gehört:
nur nicht bangen und verzichten,
wenn der Atem noch nicht stockt
und mit schimmernden Gesichten
uns das Dasein weiterlockt!
Denn solange Herzen pochen,
unser Wesen webt und wirbt,
ist das Urteil nicht gesprochen,
demgemäß das Schöne stirbt,
spürt die Seele keine Ketten:
nichts hat über Schwärmer Macht.
Träume können doch erretten,
wirksam hält die Liebe Wacht!


05. 07. 1940

Es geht mir doch noch gut

Wie darf ich mich beklagen?
Es geht mir doch noch gut!
War mir in diesen Tagen
auch manchmal bang zumut,
sie waren doch gesegnet
mit sommerlicher Pracht,
und oft ist mir begegnet,
was Menschen glücklich macht.
An allen meinen Pfaden
viel Blühendes mich labt,
im Sand sich Spatzen baden,
ein Hund dem Ball nach trabt:
noch kann ich Anteil haben
an jeder Lebenslust,
ist mir der winzigen Gaben
liebreicher Sinn bewußt.
Ich gehe meine Wege
und forme mein Gedicht.
Wenn ich mich schlafenlege,
küßt mich ein Trostgesicht
in lauter liebe Träume,
die keine Angst beschwert,
und die vertrauten Räume
stehn morgens unversehrt.
Viel freundliches Gedenken
die Tage mir verschönt.
Die Abendstunden schenken
ein Buch, das mich versöhnt
mit all den kleinen Plagen,
die man sich selbst antut.
Ich darf mich nicht beklagen,
es geht mir doch noch gut!


07. 07. 1940

Die gefährliche Sekunde

Die Handbreit, die in jeglicher Sekunde
mein Dasein jetzt vom schweren Sterben trennt,
läßt mich auskosten bis zum tiefsten Grunde,
solang ein Lebensflämmchen in mir brennt,
was mir an Lust ist zugedacht und Leiden,
daß mir zuletzt mein Anteil nicht entgeht,
und muß ich wirklich ohne Aufschub scheiden,
der Schluß das strengste Selbstgericht besteht.

Denn viel versäumte ich in frühren Jahren,
hob es mir auf für eine andre Zeit
und habe niemehr, wie es tut, erfahren:
nie wiederholt sich die Gelegenheit!
Nun nutzt es nichts, Verlornem nachzuweinen,
im Voraus künftges Unheil zu beschrein;
nun gilt es, auch mit dem unscheinbar Kleinen,
soweit der Atem langt, vergnügt zu sein.

Ich hoffte, ungefährdet alt zu werden,
in einem sanften Schlaf zu schwinden,
spät, gleich heimatlich im Himmel wie auf Erden,
daß auch mein Tod zum Besten mir gerät.
Doch bin ich jetzt schon jegliche Sekunde
um Handbreit einem schweren Sterben nah;
so will ich kosten bis zum tiefsten Grunde,
was ich mit meinen letzten Blicken sah.


11. 07. 1940

Dichterglück

Wenn ringsum die Menschen beben
und Verzweiflung sie zerbricht,
stärkt sich wunderbar mein Leben
mit erneuter Zuversicht:
aus mir unbekannten Quellen
strömt ein frischer Daseinsmut,
scheint die Nacht sich zu erhellen,
schließlich wird noch alles gut.

Wenn ringsum die Nächte streiten,
Aug' um Auge, Streich um Streich,
will mich Harmonie geleiten
durch mein unversehrtes Reich,
wo die Dichterträume reifen,
meine Seele friedlich schwärmt,
kann mein Leichtsinn kaum begreifen,
daß dein Herz so schwer sich härmt.

Wenn ringsum die Nöte drängen,
das Verderben drohend naht,
bleibt umklungen von Gesängen
meines Trachtens Blumenpfad,
weiter geh' ich ihn, vertrauend,
durch erträumten Sommerklee,
schon die schönre Zukunft schauend,
tut die Gegenwart uns weh.


16. 07. 1940

Unfreundliche Wandlung

Wie das alles Hohn wird: unsre Zimmer
und ihr gut gehaltenes Gerät,
der gepflegten Leuchter Silberschimmer,
alter Möbel morsche Majestät,
aller Kleinkram der verzierten Dinge,
der auf Etageren tot verstaubt,
Dosen, Becher und Serviettenringe,
Wust, an dessen Wert niemand mehr glaubt,
Hindernis dem ewig Obdachlosen!
Müssen wir auf neue Wanderschaft,
hat nun auch die Vase mit den Rosen
keine heimatliche Zauberkraft.
Ihre Wirklichkeit ist ganz vergangen,
seh' ich nachts auf die gewohnte Wand.
Hat mein Herz an Hab und Gut gehangen,
ist das jetzt gespenstisch fremder Tand,
überflüssiges Gerümpel, nutzlos,
weislich abzuwerfender Ballast,
wenn du dich nun wieder unstet, schutzlos,
deiner nackten Haut zu wehren hast,
froh, das bloße Leben noch zu retten,
da das Chaos eine Welt zerstört,
daß der sichre Schlaf in eignen Betten
fürder der Legende angehört,
deren ich erstaunt manchmal gedenke,
kaum noch glaubend, daß man es besaß
und sich auf der flüchtigen Geschenke
Unvergänglichkeit zu baun vermaß.
Bin ich heut noch im vertrauten Zimmer,
spür' ich doch, wie alles mich verschmäht
und sogar der Lampe lieber Schimmer
mich schon an das dunkle Nichts verrät.


25. 07. 1940

Alte Musik

Noch immer sind es die bewährten Weisen,
als ob ich ihnen nie entrinnen soll,
wie einst daheim (Solist: Herr Feuereisen)
das schmetternde Trompetenstück erscholl,
Stradella, Teil, »Hab' ich nur deine Liebe ...«,
der Donauwalzer und »Die Fledermaus«,
als ob ich wieder Neunzehnhundert schriebe,
noch einmal in dem Kleinstadtglück zuhaus,
mit den Primanern stolz im Kreise ginge,
liebäugelnd mit der Töchterschulenbrut.
Nun in vom Krieg bedrohten fremden Landen
ertönen mir die gleichen Melodien,
ist alles noch, wie einst daheim, vorhanden,
was meiner Kindheit unvergänglich schien:
sucht junges Volk sich liebelnd zu umkreisen,
verharrt das alte lauschend, ruhevoll,
gespenstert eine Welt bewährter Weisen,
die selbst nicht weiß, daß sie schon längst verscholl.


27. 07. 1940

Guter Vorsatz

Wenn wir uns noch einmal begegnen können
als Überlebende der wüsten Zeit,
so woll'n wir uns des Lebens Labe gönnen
in einer großen, grimmen Fröhlichkeit:
uns reiflich niederlassen zum Gelage,
entschlossen, auszuharren im Genuß,
bis bei der Helligkeit vom nächsten Tage
man doch des Festes Lichter löschen muß,
dann uns zu einem langen Schlafe legen,
den keine Sorge und kein Angst-Traum stört,
nachmittags auf den stillen Wiesenwegen
in Frieden wandeln, wie es sich gehört,
am Abend neue Wohltat sich bereiten,
die Freunde treffen und ein Schauspiel sehn,
nachher, wie in den alten guten Zeiten,
gemeinsam in die Künstlerkneipe gehn,
bei Speise, Trank und ernstem Wort und Witzen,
und immer seines Lebens ganz gewahr,
dort wieder bis zur Morgenröte sitzen,
nicht mehr bedroht von tödlicher Gefahr,
und auf dem Heimweg bei dem Wurstverkäufer
verweilen, der am gleichen Platz noch steht,
zum Kehraus gern der Huren und der Säufer
gehörig als ihr heimlicher Poet,
mit wahrer Wollust dies auch wieder schmecken,
den Senf, die Semmel und die warme Wurst,
und, daß die Welt sehr schön sein kann, entdecken,
wenn keiner stört mit seinem Tatendurst.


04. 08. 1940

Das Schlimmste trifft vielleicht nicht ein …

Du sollst nicht vorher traurig sein:
vielleicht trifft alles garnicht ein,
worüber sich in mancher Nacht
dein Sinn ganz grundlos Sorgen macht,
bleibt unsre Heimstatt unversehrt,
erfüllt sich, was dein Herz begehrt,
erfreun wir uns nach kurzer Frist
in einer Welt, die friedlich ist,
in einem Lande, das uns liebt
und uns mit Freundlichkeit umgibt,
gedeiht dein häusliches Getier
und deines Gartens Blumenzier,
wird wieder nachts am Himmel sein
der hellen Straßen Widerschein,
in denen lustvoll aufgeregt
sich lebensfrohes Volk bewegt,
und bist du tröstlich früh erwacht,
dir alles wieder Freude macht,
ein Vogelchor am Fenster singt,
der dir den Wald ins Zimmer bringt,
und es beginnt ein schöner Tag,
und jeder tut, was er vermag,
dich zu beglücken. Lächle nur!
Von altem Gram blieb keine Spur,
in Eintracht trinkst du deinen Wein.
Du sollst nicht vorher traurig sein!


18. 08. 1940

Liebes-Gelöbnis in gefährlicher Zeit

Als ich für eine ungewisse Zeit
mich morgens plötzlich von Dir trennen sollte,
tat jeder dunkle Augenblick mir leid,
an dem ich je Dir töricht, grundlos grollte,
wenn ich zuletzt das »Gute Nacht!« vergaß
und die Gelegenheit zum Kuß versäumte,
allein, entrückt bei einem Buche saß
und neben Dir von etwas Fremdem träumte,
auch lieber meine eignen Wege ging
und hielt so oft mein Herz vor Dir verschlossen,
verstockt undankbar Dein Geschenk empfing
und zog Dir vor zufällige Zechgenossen:
das alles lag auf meiner Seele schwer,
als wir nun sollten von einander scheiden.
Mein Leben würde lieblos, arm und leer,
müßt' ich es jemals ohne Dich erleiden!

Denn mein Gemüt, das rasch im Schatten friert,
viel Wärme nötig hat und milde Pflege,
verliert die Heimat, wenn es Dich verliert,
und liegt verkommen, hilflos, welk am Wege,
der Bosheit, deren Menschen fähig sind,
dann preisgegeben wie den wilden Wettern
der Selbstanklagen, die im Sintflutwind
die Ruhe des Gewissens mir zerschmettern.
Ich hatte nie, was Dir Erleichtrung brächte,
auf mich war, wenn es ernst schien, kein Verlaß,
und wenn Du wach lagst all die bangen Nächte
und weintest neben mir Dein Kissen naß,
barg sich mein Schlaf in schönen Traumverstecken,
wo alles spielerisch gefällig blieb,
und überließ Dich allen Zukunfts-Schrecken,
durch die Dich Dein Kassandra-Spürsinn trieb.

So wirst Du wohl — mit Recht — mißtrauisch sein,
was immer ich Dir zärtlich heut gelobe.
Doch kannst Du das Vergangene verzeihn
und wagst mit mir noch einmal eine Probe,
vermag im Schlimmsten, das noch kommen kann,
vielleicht ein Wankender sich zu bewähren,
wird schließlich aus dem Schwachen noch ein Mann,
der standhaft ist und trocknet Deine Zähren
und hält Dich bei der Hand, bis wir vereint
aus dem verwunschnen Wald des Unheils treten
in das Gefild, wo wieder friedlich scheint
die Sonne über heimatlichen Beeten
und von entstellendem Behang befreit
geschwisterliche Seelen sich erkennen,
daß wir uns dann für Zeit und Ewigkeit
auf Erden und im Himmel nicht mehr trennen.


15. 09. 1940

Kleines Traumlied

Da hilft kein Reim: das Liebeslied ist aus,
verloren, meine Wette. Andre siegen.
Ich möchte dennoch heim, ins Vaterhaus,
in meinem alten Bette wieder liegen.

Da war' ich froh, auch schlaflos voller Glück;
durchs unverhüllte Fenster blinkten Sterne.
Der töricht floh, kam endlich noch zurück,
vergäße die Gespenster fremder Ferne.

Da ist nichts mehr verkrampft und feindlich laut;
es weht vom Festungswalle Duft der Erde,
der Nachtzug stampft, die Turmuhr tönt vertraut,
der Brunnen raunt, im Stalle schnauben Pferde.

Ich kehrte heim. Es lacht der Nachbar Schmied.
Die Pärchen an den Toren sind verschwiegen.
Es reiht sich Reim am Reim zum neuen Lied.
Wer liebt, ist nie verloren. Lieder siegen!


 23. 08. 1940

Wandlungen

Da nichts mehr war zu Land und in den Lüften,
was unsern Fragen eine Antwort bot,
das Lebende sich schon in Leichengrüften
versteckte vor dem ungewollten Tod,
sich jeder Augenblick mit Schrecken füllte
und unsre Seelen quälte bis ins Mark,
die Wolke, die sonst Heiliges verhüllte,
nun eines Unheils üblen Anschlag barg,
verwandelte sich alles unergründlich,
daß jedes Wesen seinen Sinn verlor;
was einst sich ewig dünkte, staunte stündlich,
daß es noch atmen durfte wie zuvor.

Denn auch das Große wurde plötzlich schmächtig
und zitterte und suchte einen Halt,
wo keiner war, und prangte nicht mehr prächtig,
entlarvte sich als traurige Gestalt.
Beschwörungen vermißten ihre Kräfte,
die ehmals klugen Worte klangen leer,
der schlichten Menschen tägliche Geschäfte
gewährten keinen guten Schlummer mehr.
Sogar die unveränderlichen Zeichen,
mit denen die Natur uns überlebt:
die Bäume schienen sich nicht mehr zu gleichen,
auch sie von Todesengeln jetzt umschwebt.

Nicht zu ergründen im Zerstörungsplane,
beschlich uns des Verderbers Niedertracht,
besessen war die ganze Welt vom Wahne,
Verdammnis jeder Tag und jede Nacht,
das Übelste: sich damit abzufinden,
sich zu gewöhnen an den Höllenspuk,
freiwillig taub zu sein und zu erblinden,
zu dulden, daß der Haß das All zerschlug
und nichts mehr blieb von menschlichem Vertraue
vom hilfreich guten Willen, der uns eint,
die bessre Zukunft neu darauf zu bauen,
die doch uns immer noch verheißen scheint.

Dieweil wir Narren sind vor der Geschichte,
die uns mit jedem Schritte widerspricht,
und jede Hoffnung meiner Trostgedichte,
im Stich gelassen, bald zusammenbricht,
verharrt ein letztes Fünkchen Lebensflamme
auf einer kindisch frommen Zuversicht,
als ob die Macht, weil ich sie so verdamme,
zuletzt verdammt auch sei vom Weltgericht,
und legt doch bange Unruh' ihre Schatten
auch schon auf dein so liebliches Gesicht,
was wir uns Günstiges erwartet hatten,
verkam am Wege und erreicht uns nicht.

Soll das Gemüt uns allen sich verstören,
daß einer nur des andern Quälgeist bleibt?
Kann kein Gebet den Göttlichen beschwören,
daß Er den bösen Geist aus uns vertreibt
und nach der wüsten Herrschaft der Dämonen
die Lüfte wieder reinigt und entsühnt,
daß wir einträchtig beieinander wohnen,
wohin kein Feind zu kommen sich erkühnt,
zu dem bestirnten Himmel wieder blicken,
denn er ist Gottes Hausung immer noch,
und nicht mehr in dem Grabesdunst ersticken,
wo man sich als gehetztes Wild verkroch?

Es wird geschehn zu Land und in den Lüften,
daß allen Fragen eine Antwort klingt
und Auferstehung aus den Leichengrüften
die Totgeglaubten an die Sonne bringt,
die Täuschung von uns weicht wie nie gewesen
und auch kein Traum an Überwundnes denkt:
in deinem Blick ist ein Vertraun zu lesen,
das mich mit neuer Sicherheit beschenkt.
O bliebe diese Wandlung dann die letzte,
die jedes Leben wieder leichter macht
und, was uns fast bis in den Tod entsetzte,
entrückt im tiefen Schlaf geschützter Nacht!


 24. 08. 1940

Von dir verworfen

»Unglücklich kannst du mich nicht mehr
und nicht mehr glücklich machen!«
Dein strenger Ausspruch schmerzt mich sehr
und läßt mich nachts erwachen.
Dann denke ich dem allen nach,
was dich verbittern sollte,
was Arges ich an dir verbrach,
obwohl ich lieb sein wollte,
wie meine dumpfe Narretei
dich nach und nach verstörte.
So ging die gute Zeit vorbei,
wo mir dein Herz gehörte.
Nun kommt dein Schatz an Zärtlichkeit
dem Kätzchen nur zugute,
ist mir vor schuldbewußtem Neid
recht kümmerlich zumute,
hab' ich mir dein Vertraun verscherzt,
das einst um mich geworben,
scheint es in dir jetzt ausgemerzt,
verworfen und gestorben
und soll nie wieder möglich sein,
vergessen und entschwunden,
und läßt mich Furchtsamen allein
in diesen schwersten Stunden.
Das Unglück, das ich selbst mir schuf,
nahm mir mein Kinderlachen.
Doch könnte mich dein Widerruf
noch einmal glücklich machen!


10. 09. 1940

Zurück zum Hades

Zurück zum Schlamm, zum schmutzigen Beginn,
zur Brutstatt unbeseelter Kreaturen:
zu dämmern ohne Ziel und ohne Sinn,
blind für das Wunder friedlich bunter Fluren.
Wirf dich zu Boden, kriech dem Wurme gleich!
Du hast dein stolzes Haupt zu hoch getragen
und wähntest, unser sei das Himmelreich;
nun liegst du da, geschändet und geschlagen,
mit andrem Abfall, Müll und welkem Laub,
von jedem Windstoß in die Flucht getrieben,
und nichts ist schließlich als ein Häufchen Staub
von deiner alten Herrlichkeit geblieben.

Zurück zur Höhle, in das Erdversteck,
die Menschenwürde ganz und gar mißachtet,
zurück zu Tierischem an Dreck und Schreck
und schließlich viehisch wie ein Tier geschlachtet!
Die Sicherheit, das heiige Lebensgut,
der Wesen gegenseitiges Vertrauen,
zerstört! Die Welt verkommt in Furcht und Wut,
aus Tag und Abend ward ein böses Grauen,
und angstvoll bebt die Nacht im Schlafe noch:
es geistern durch die Luft des Todes Boten.
Zurück ins Dunkel, in das Erdenloch,
wohin wir längst gehören: zu den Toten!

Noch nicht gewesen oder nicht mehr sein;
doch kein beherztes, gutgeführtes Leben!
In die Erniedrigungen tief hinein,
noch tiefer, um dich niemehr zu erheben!
Es bleiben Furcht und Dunkelheit dein Los,
allmählich wirst du dich nicht mehr entsinnen,
daß einst dein Dasein menschlich war und groß,
nur trachten, der Vernichtung zu entrinnen,
der doch dein Kleinmut längst sich dumpf ergab.
Mag nun das Letzte über dich ergehen:
hinab zum Hades, in das Massengrab,
aus dem wir alle nicht mehr auferstehen!


24. 09. 1940

Eigensüchtige Spielerei

Ob ringsum die Bomben tödlich krachen,
Wälle wanken, eine Welt vergeht,
kann ich mein Gemüt nicht anders machen,
das auf seiner Eigensucht besteht,
trachte ich, dem Chaos zu entkommen
in ein Land, das ohne Kampf gedeiht,
ist mein Traumboot ungestört geschwommen
zu den Inseln meiner Seligkeit,
keine Arche Noahs, nur mein Eigen:
ohne Fahrtgenossen und Getier:
über mir des Himmels heilges Schweigen,
aller Wellen Widerhall in mir.
Bald empfängt mit Palmen mich ein Hafen,
harrt ein stilles Haus auf seinen Gast :
künftig kann ich wieder friedlich schlafen,
Tage haben ohne Angst und Hast,
ist mein Leben wieder voller Weite
in der freien, unbegrenzten Flur,
die ich dichtend, wohlbeschützt, durchschreite,
einig mit dem Gleichmut der Natur.
Was einst war, bleibt ganz und gar vergessen,
nach vergangner Lust das Heimweh auch.
Wohlig will ich zechen, scherzen, essen,
unbekümmert um des Landes Brauch,
spät nun endlich rücksichtslos beginnen,
was mein eignes Leben werden muß,
und mich sättigen mit allen Sinnen
an des Daseins gierigem Genuß!


11. 10. 1940

Apokalyptisches Leben

Wir alle leben hier jetzt wie die Tiere,
des Augenblickes immer nur gewahr,
des leiblichen: ich fürchte mich, ich friere
und spüre ständig tödliche Gefahr.
Doch wir versuchen, nicht daran zu denken,
und machen jede Kurzweil zum Genuß,
mit der die seltnen Pausen uns beschenken,
an denen man sich schadlos halten muß.
Vervielfacht ist die Freude an den Dingen,
den gegenwärtigen, weil sie nur zählt:
mit allen Sinnen trinken wir und schlingen.
Sonst hat das Schicksal nun für uns gewählt;
ich selbst bin nicht verantwortlich zu machen,
ich nehme hin und gebe mich ihm hin,
und mitten im Verderben kann ich lachen,
weil ich trotz allem noch am Leben bin
in dieser unvergleichlichen Sekunde,
die noch einmal den Sieger Tod besiegt
und mir so schwer im tiefsten Herzensgrunde
wie ein Jahrzehnt vergangnen Lebens liegt.
Sogar ganz unbewußt, wunschlos zu dämmern
und ausgeleert von jeglichem Bedacht,
indes sehr nah die Todes-Schläge hämmern
und Grausiges geschieht in blutiger Nacht,
Zeitlos zu sein und frei von den Gefühlen,
ein bloßes Ding, das nirgendhin gehört,
nicht einmal zu den alten, stummen Stühlen,
ist gut, solang man da ist, unzerstört,
blickt man auch blicklos auf die fremden Wände
und hat bei Nachbarlichem keinen Halt.
Wir alle sind hier nur noch Gegenstände,
der Spielball böser höherer Gewalt.


21. 10. 1940

Gespenstische Zukunft

Darf ich zu den Wenigen gehören,
die das große Morden überstehn
und im Trauerzug mit schwarzen Floren
hinter ihres Lebens Leichnam gehn,
ein Gespenstertrapp vergessner Reste,
die sich kaum noch aufzuschaun getraun,
wenn die Fremden sich zum Siegesfeste
freudig ihre Ehrenpforten baun,
während wir wehleidig mit uns tragen
der vergangnen Not Reliquienschrein
und uns, immer wieder grübelnd, fragen:
»Warum konnte solches möglich sein?«
Selbstzufrieden wogt die lässige Menge,
schon an das Gewordene gewöhnt,
abgestumpft, mit Ärmlichkeit und Enge
ihres neuen Daseins ausgesöhnt.
Ihr sind wir unheimliches Gelichter,
das mit seinen Toten sich belud,
ein verlornes Häuflein Unheildichter,
voller Schrullen, Furcht und Wankelmut,
ungehörig im Gewesnen wühlend,
taub für unsrer Gegenwart Bestand,
sich wie Blinde furchtsam vorwärts fühlend,
zögernd, Schritt für Schritt und Hand in Hand,
einer nah sich an den andern drängend
wie die Lämmer, die der Hund umkreist,
an gestürzten Fleiligtümern hängend,
unbelehrbar, wunderlich, vergreist,
daß die jungen Menschen uns verachten,
weil wir dem noch treu sind, was uns trog,
und nach Traumzufluchten weiter trachten,
die das Schicksal uns gestreng entzog,
aber auch uns unablässig bangen
vor der Wiederkehr der Schreckenszeit,
in der eignen Kläglichkeit gefangen,
niemals von Entwürdigung befreit,
das Gedenken selbst heraufbeschwören
an den Feind, der uns nicht mehr bedroht,
die wir, wie zum Hohn verschont, gehören
als Leibeigne, lebend auch, dem Tod.


04. 10. 1940

Der teuflische Sirenenton

Hastig leer gegessen wird der Teller,
bleibt die Abendrast noch ungestört,
doch bald kriecht man wieder in den Keller,
wenn man die Sirene heulen hört,
dieses unnatürlich grelle Heischen,
Jägerhatz, vor der dem Opfer graut,
böses, nervenpeinigendes Kreischen,
gleich dem tierisch gottverlassnen Laut,
der mich aus dem Kinderschlaf einst schreckte,
als ich scheu im Hemd zum Fenster sprang
und am Weg das irre Weib entdeckte,
das der Wärter in den Wagen zwang.
Aufbewahrt in des Bewußtseins Grunde
blieb mir dieser Mißton all die Zeit,
bis ihn jetzt zur unglückseligen Stunde
größren Wahnes Stimme überschreit.
Eine ganze Menschheit kam von Sinnen,
Aberwitz trübt ganzer Welten Geist;
lange Unzeit muß vielleicht verrinnen,
ehe sich ein Weg ins Lichte weist,
und wenn jetzt mit panisch irrem Klagen
die Sirenen über Land und Meer
jedes Leben aus dem All verjagen,
liegt die Erde wieder wüst und leer.


 27. 10. 1940

Zirkus des Todes

Ich. wagte kaum, die Blicke aufzuheben,
wüßt' ich im allerhöchsten Zirkusring
halsbrecherisch den Akrobaten schweben,
der jäh sich fallen ließ und wieder fing,
mit einem wilden Schrei den Absprung würzte,
den todesnahen ohne Netz und Schutz,
vielleicht im gleichen Augenblick schon stürzte
und ward zunichts in seinem Flitterputz.
Mir aber schauderte vor solchem Leben,
das dicht am Rande der Vernichtung schwingt,
freiwillig tollkühn ohne nur zu beben,
sich jedesmal zur Feuertaufe bringt,
und bin jetzt selbst bei Nacht- und Tageszeiten
noch schlimmer dem Verderben ausgesetzt
und werde ohne Glanz und Eitelkeiten
vielleicht sogleich vom Bombenwurf zerfetzt,
und ohne eine Möglichkeit zu haben,
durch Kunstgeschicklichkeit mich zu entziehn -
(die ganze Welt ist jetzt ein Schützengraben,
und keiner kann dem Kriegsdienst mehr entfliehn).
So muß auch ich mich stündlich vorbereiten
auf einen sehr verwegnen Gauklertrick
und lächelnd auf dem dünnen Seile schreiten,
gefaßt auf das feindselige Geschick:
läßt es mich straucheln oder weiterleben?
Da gibt es weder Gage, noch Applaus.
Der einst vermied, die Blicke aufzuheben,
ist nun auf schwindelndem Zenith zuhaus.


12. 11. 1940

Im Welten-Gewitter

Wie furchtsam floh ich einst vor bösen Wettern
in einen wohlgeborgnen Kellerschank,
wo ich mich, mochten draußen Blitze schmettern,
um alle feigen Furchtsamkeiten trank!
Wie rasch sucht' ich den Höhen zu entweichen,
sah ich, wie das Gewölk bedrohlich schwoll;
und halbwegs heil das Haus noch zu erreichen,
eh durch die Berge hohl der Donner scholl!
Da wollte alles doch mich gern beschützen,
war die Gefahr vergänglich und gering;
die Feldkapelle stand auf starken Stützen,
in die ich, dem Orkan entrinnend, ging,
der Elemente Wut war nicht von Dauer
und leidlich sicher jeder Unterstand.
Heut aber trennt mich eine dünne Mauer
nur noch vom Tode und vom Weltenbrand,
und schließlich kann ich nirgendshin entkommen,
weil keine Tür ins Glück mehr offen blieb.
Was soll mir jetzt noch alte Freundschaft frommen!
Und hatten sie mich früher noch so lieb,
umhegten sie mich, die mir Gutes gönnten,
auf daß mein Fuß an keinen Stein sich stieß:
fern sind sie, und beim besten Willen könnten
sie mir nicht helfen, den sein Gott verließ.
Und wozu brachten Eltern ihrem Sohne
sich selbst zum Opfer, hatte manche Nacht
mein Vater, betend, daß der Tod mich schone,
an meinem Krankenbette einst gewacht,
bedacht, das kleinste Weh mir zu ersparen,
fürsorglich sein geliebtes Kind betreut,
es vor den damals glimpflichen Gefahren
zu retten? Ach, er ahnte nichts von heut,
wenn schuldlos nun in jeglicher Sekunde
dem Mörderanschlag ich erreichbar bin
und, was ich tue, trägt die Todeswunde
und tappt am Rand des Acherons dahin.
Dies Unheil hat kein absehbares Ende,
mit meiner Angst ließ man mich ganz allein,
und die Gewitter dieser Zeitenwende
erlösen mir sich nie zum Sonnenschein.


17. 11. 1940

Rundfunk-Oase

(Schweizer Landes-Sender Beromünster,
Samstag, 9. November 1940, 19.00 Uhr:
Zürcher Kirchenglocken.)

Wir sitzen bang in dicht verhüllter Stube
hier oben Schreckensnacht für Schreckensnacht;
vielleicht im Nu schon ist zur Trümmergrube,
was jetzt noch unsre Bleibe scheint, gemacht,
im sechsten Stockwerk, allzu nah dem Himmel,
seit er sich wandelte zum Hinterhalt
für der verruchten Flieger Mordgewimmel
aus der Schutzengel stillem Aufenthalt.
Es dröhnt die Drohung über meinem Haupte,
doch plötzlich ist der Rundfunk angedreht
und, was ich längst für mich verschollen glaubte,
als Friedensbote durch das Zimmer geht:
der fernen Stadt geliebte Glocken läuten
den Sonntag würdig ein wie eh und je.
Das Gute, dessen wir uns dort erfreuten,
besteht wie einst: die Hügel und der See,
die Gassen, die im Abend hell sein dürfen,
der alten Schenken gastlich trauter Trost,
wo sie ihr Gläschen Wein gemütlich schlürfen,
wenn über meinem Haupt das Unheil tost,
bestrebt, die letzte Zuflucht zu zerstören.
Wie teuflisch mischt die Zeit ihr Zauberspiel!
Daß wir, im Kriegslärm hier, den Frieden hören,
entlarvt, welch' grausem Wahn die Welt verfiel.


24. 11. 1940

Verfehlte Freundschaft

Wir waren Freunde einst gewesen
und werden nie uns wiedersehn.
Wir haben Wedekind gelesen
und spürten Zukunftslüfte wehn,
sahn fiebernd die Theaterstücke
und sprachen lang nachtwandelnd klug,
verweilten auf der Neißebrücke,
indes die zwölfte Stunde schlug,
des Wasserwerkes Lichter wallten
im Fluß, der von den Bergen kam,
bis unsre Schritte widerhallten,
wenn eins vom andern Abschied nahm
am Brunnen auf dem Rathausplatze,
die Stadt lag still in ihrem Schlaf,
nur eine herrenlose Katze
mit mir sich auf dem Heimweg traf.
Vielleicht trat kurz vor meiner Pforte
der Wächter aus der dunklen Wand
und gab mir ein paar Morgenworte,
bevor ich aufschloß und entschwand.
Wie gern besprach' ich all das wieder
mit ihm, der es mit mir beging,
des ersten Lenzes meiner Lieder
verschwenderischen Schatz empfing,
nachsichtig lächelnd, überlegen
mich an Verliebtheit leiden sah:
doch waren sich auf Sommerwegen
die jugendlichen Sinne nah,
wir lagerten am Hang im Grase,
allmählich strich vom Tal empor
die Abendluft uns um die Nase,
daß man zuletzt ein wenig fror
und, Zäune streifend mit dem. Stabe,
nichtsnutzig in die Stadt einzog.
O war' ich noch einmal der Knabe,
der damals gern sich selbst belog,
obgleich ich heimlich längst erkannte,
was falsch an dieser Freundschaft war!
Heut wünscht sich dennoch der Verbannte
zurück in jedes Jugendjahr,
zurück zu dem ungleichen Bunde,
in dem der andre immer nahm,
zurück zu jeder guten Stunde,
da ich mit ihm vom Schauspiel kam
und wir die stille Nacht durchschritten,
indes die zwölfte Stunde schlug,
uns auf der Neißebrücke stritten.
Es war doch schön, war es auch Trug
gleich allem, was wir damals trieben,
und war auf alles kein Verlaß:
wir waren doch bestrebt, zu lieben,
heut ist man stolz auf seinen Haß.
O könnten wir mit frohen Mienen
wie damals durch das Leben gehn,
als wir noch unzertrennlich schienen!
Wir werden nie uns wiedersehn.


30. 11. 1940

Bittere Beichte

Mein Gott, mein Gott, was ist aus mir geworden:
der Widersacher meiner eignen Art!
Ich treibe fühllos in dem großen Morden,
und einst war doch mein Herz empfindlich, zart,
und litt mit jedem Leid auf dieser Erde
und hat sich, wurde ich verschont, geschämt;
nun spür' ich, daß ich immer stumpfer werde,
lieblos verkomme, von der Zeit gelähmt.
Ich habe keine Tränen mehr zu spenden,
mich früher um Geringes leer geweint,
was kann sich noch für mich zum Guten wenden,
bin ich mir selber doch der ärgste Feind!
Ich blicke auf die fremde schwarze Fliege,
die hier mit mir im gleichen Baum sich fing,
wo ich auf meinem Bette rastlos liege
nach einem Tag, der ganz in Angst verging.
Ihr Summen scheint zu mir jetzt gut zu passen,
es klingt wie Irrsinn oder träges Nichts:
zwei Wesen, nur sich selber überlassen
in der Entsetzlichkeit des Weltgerichts,
begierig, sich zu tränken und zu nähren
und sonst sich weiter nicht bewußt zu sein,
solange noch die Augenblicke währen,
die leidlich linden hier beim Lampenschein.
Das Todesurteil ist mir doch gesprochen.
Schiebt man noch einmal die Vollstreckung auf?
Bis wann? Mein Lebensmut ist längst gebrochen:
gleichgültig nehme ich, was kommt, in Kauf.
Es toben rings die toll gewordnen Horden.
und ich verlernte, andren wohlzutun.
Mein Gott, mein Gott, was ist aus mir geworden?
Ich war einmal ein Mensch. Was bin ich nun?


Weihnachten 1940

Christbaum-Verse für Leni

Geht fast das All am grimmen Haß zunichte,
wie glückt es mir, wenn rings die Bomben krachen,
mit weihnachtlich gestimmtem Trostgedichte
auch diesmal Dir ein wenig Mut zu machen,
scheint doch der Brunnen des Gefühls verschüttet;
aus welchen Tiefen soll ich Hoffnung holen?
Der Wohlstand des Gemütes ist zerrüttet,
das Leben um das Holdere bestohlen.

Trotzdem: der Traum von früher frohen Festen
läßt mich zurück zur Wirklichkeit sie denken.
Ich weiß, du wirst mich immer mit dem Besten,
mit Deiner Liebe weihnachtlich beschenken;
aus ihr kann ich die Zauberkraft gewinnen,
Unheil zu bannen mit dem Klang der Lieder:
schein ich aus Eignem Verse zu ersinnen,
geb ich Dir nur, was Du mir spendest, wieder.

Wir wissen auch, daß Gleichgesinnte leben,
die jetzt in noch vom Wahn verschonten Landen
sich unterm Baum die Christgeschenke geben
und so empfinden, wie einst wir empfanden,
einander wohlzutun und mitzuteilen
noch menschlich willig, fähig, ungebrochen;
es werden dort vielleicht jetzt ein paar Zeilen
aus meinem Buch als Weihnachtsgruß gesprochen.

So sind wir nicht verlassen und vergessen,
nein, stets mit allen Liebenden im Bunde,
im Geist ihr Gast bei Weihnachts-Trunk und -Essen
in dieser zweifelhaften Christnacht-Stunde,
die damals dem verfolgten Gottes-Sohne
nicht sichrer, als die unsre nun, sich fügte,
als er, sehr fern dem künftgen Himmels-Throne,
mit dürftgem Krippenobdach sich begnügte.

Daß irgendwo noch Weihnachtskerzen brennen
und nie verlöschen auf der weiten Erde,
zur Friedensbotschaft Menschen sich bekennen,
getreu sich selber, was auch immer werde,
mag uns das Gottvertrauen wiedergeben:
wir dürfen, wenn wir diesem Krieg entkommen,
noch einmal ungefährdet friedlich leben
bei unsersgleichen wieder aufgenommen.

Das bring' ich Dir als unsterbliche Gabe:
ein Zukunftsbild, gemalt mit frommen Worten,
darin ich alles aufgehoben habe,
was Weihnachtsglück hieß in den Heimatorten,
daß wir uns die gewohnten Festgenüsse
in unbedrohter Bleibe harmlos gönnen,
im Duft des Baums, der Äpfel und der Nüsse
wie einst vergessend selig lächeln können.

Und solche Seligkeit soll dann uns bleiben
gesichert bis ans Ende aller Dinge,
nichts darf aus Heimatlichem uns vertreiben,
wo ich mit Dir die Weihnachtslieder singe,
die wieder wie in alten Zeiten gelten,
denn Friede ist auf Erden dann für immer,
es werden von dem Wahn erlöst die Welten
verschönt bestehn in jugendlichem Schimmer.

Kannst Du nicht schon das Hoffnungsvolle spüren
auch in den jetzt noch unversöhnten Sphären?
O möchte mein Gedicht uns dorthin führen,
wo wir sogleich entrückt der Feindschaft wären!
Die bösen Mächte müssen schließlich weichen,
die Bomben hören endlich auf zu krachen,
und, daß Du standhaft warst, wird Deinesgleichen
auch diesmal weihnachtlich gesegnet machen.


Weihnachten 1940

Weihnacht 1940

Seltsame Weihnacht neunzehnhundertvierzig
in diesem London, dunkel und bedroht,
noch scheint sie friedlich, und kehr Feind verirrt sich
zu unserm Haus mit seiner Ladung Tod.
Wir wollen uns das alte Fest erzwingen,
der Baum erglänzt, wie einst zuhaus, geschmückt,
wir möchten, wenn wir uns Geschenke bringen,
vergessen, was uns ängstet und bedrückt.
Im Rundfunk hören wir die fernen Glocken,
noch einmal essen wir und trinken gut
und lassen uns in einen Leichtsinn locken.
Der Henkersmahlzeit grimmer Übermut
gespenstert um den Tisch; ich spür' es schwelen:
den Mord, der eine Pause sich erlaubt;
das rührende Sekundenglück der Seelen,
die sich verschweigen, was die Ruhe raubt,
das Scheinbild eines Friedens, diese Fratze,
die etwas Fürchterlicheres verhüllt,
bis plötzlich ausgeruht die Tigerkatze
uns wieder anspringt und im Blutrausch brüllt.
Noch starren ringsum die zerstörten Stätten,
steht da und dort auch ein verschontes Haus,
als ob die Frevler aufgespart es hätten
für einen letzten, teuflisch großen Graus,
zur Orgie der endgültigen Vernichtung,
wenn der Verhaßte ruchlos Rache nimmt.
Weihnachten neunzehnhundertvierzig: Dichtung,
die seltsam künstlich zwischen Schlachten glimmt!


Ende 1940

Silvestergedicht für Leni

Was wir waren, was wir hatten
in dem abgeschiednen Jahr,
sind jetzt Scharen blasser Schatten,
und ihr Spiel ist nicht mehr wahr,
sie verlieren sich im Grauen,
etwas Neues steigt empor,
ganz von fern ist schon zu schauen
ein bekränztes Heimat-Tor.
Bald sollst Du das Land erreichen,
wo sich unser Leben lohnt,
unbedroht mit seinesgleichen
jeder Mensch in Frieden wohnt.

Des vergangnen Jahres Plage
könnt' ich nimmer überstehn,
hätte ich an jedem Tage
Dich nicht neben mir gesehn.
Je beschämter ich versagte,
desto tapfrer wurdest Du,
wenn das Neue Jahr nun tagte,
führst Du mich dem Wunder zu,
dankbar geh ich Dir zur Seite,
wohin immer es uns bringt,
wissend, daß des Daseins Weite
bald uns grenzenlos gelingt.

Ist die Welt zu alt geworden,
daß sie sich schon nicht mehr wehrt,
wollen wir das große Morden
überdauern unversehrt,
uns in unsrer Liebe bergen,
daß die schlimme Zeit verfließt,
wie Schneewittchen bei den Zwergen,
bis das Märchen glücklich schließt
und wir freudig auferstehen
aus dem gläsernen Gemach,
nichts mehr Fremdes um uns sehen,
frei von Angst und Gram und Schmach.

Mag es unglaubwürdig klingen
in der heut noch trüben Zeit:
schließlich darfst Du doch verbringen
Jahre ganz von Furcht befreit
bis ans Ende aller Tage,
das Dich sanft hinübernimmt,
wenn das Bild aus Lust und Plage
in dem Erdendunst verschwimmt,
unter Dir im Nebel lassen,
was Du hattest, was Du warst,
während Du in Himmelsgassen
Cherubinen um Dich scharst.


Dezember 1940

Gedichtkreis: Die Zwischenzeit
(unvollendet)

 

I.
Läßt mein Gott mir Zeit, zu zeigen,
Was mit meiner Welt geschieht,
löst sich mein besorgtes Schweigen
in ein lügenfernes Lied,
will ich Rechenschaft mir geben
ohne Ausflucht, ohne Scheu,
von dem falsch gelebten Leben,
sinngemäß und wortgetreu
auf Beschönigung verzichten
und auf blinden Übermut,
sondern schildern in Gedichten,
was der Mensch dem Menschen tut.
Wer des Lebens gute Labe
unersättlich an sich nimmt,
eh sie ihm als Gnadengabe
ist durch Schicksalsgunst bestimmt,
bringt sich um die bessre Spende,
die sich reifend noch verschönt
und mit Währendem das Ende
dessen, der Geduld hat, krönt.
Hat mein Dasein sich vergangen
durch vorzeitig falsche Wahl,
will ich nun mein Werk empfangen
wie das Heilge Abendmahl,
knieend warten mit den Massen,
bis der Kelch zu mir sich neigt
ist mir jetzt noch Zeit gelassen,
daß mein Wort sich würdig zeigt.


II.
Nicht meinetwegen wird dies Lied geschrieben:
mein eignes Leid kommt nicht mehr in Betracht.
Die sieben Jahre, diese bösen Sieben,
in ständiger Bedrohlichkeit verbracht,
verrannen wie das Schwanken vager Träume,
darin das Feste nebelhaft zerfloß,
ein Ringelspiel sovieler fremder Räume,
wovon der letzte uns in sich verschloß.
Befürchtung trübte weidlich die Gemüter,
daß ihre Sicherheit für immer schwand
und man die noch gewährten Lebensgüter
schon wie ein graues Henkersmahl empfand.
Die uns — nicht gern — zeitweilig Obdach gaben,
verstanden nichts von unsrer fahlen Not:
für sie war ihrer Tage Sein und Haben
gewiß wie Morgenrot und Abendrot.
Wir andern hatten es wohl selbst verschuldet
mit unsrer Unrast dieses Flüchtlingslos,
und ihre Langmut hat uns grad geduldet.
Befremdung wuchs und wurde riesengroß,
zur Feindschaft fast für uns, die Störenfriede,
vor denen das Behagen Scham empfand.
Bewahren will ich nun in meinem Liede
der Sieben Jahre Spuk von Land zu Land,
nicht meinetwegen, nicht um zu beklagen,
was ich und meinesgleichen da erlitt,
sondern um wahrheitsliebend auszusagen,
wie eine Welt in ihr Verderben glitt.


III.
Damals, in jenen ersten Märzentagen
schien uns die Stadt am See ein Paradies,
fernab vom Ausbruch unverhoffter Plagen,
vor deren Drohung man sein Land verließ.
Hier konnte man die Notzeit überstehen,
solang der Wahn in unsrer Heimat galt,
beschaulich wartend auf die Berge sehen
als wie in einem Ferien-Aufenthalt.
Wir trafen mählich Freunde und Bekannte
und waren fürderhin nicht mehr allein.
Wir lasen, wie man unser Werk verbrannte;
bald mußte wohl der Spuk zu Ende sein!
Bald mußten noch die Übrigen hier landen,
Bis unsres Geistes Chor vollzählig war;
doch unser guter Glaube ging zuschanden:
wir blieben die verächtlich kleine Schar,
und mancher, den die ganze Welt verehrte,
anstatt daß er dem Wahn sein Urteil sprach,
bedachte seinen Vorteil und verkehrte
des Alters Würde noch zuletzt in Schmach.
Da schmerzte die Enttäuschung uns, die erste,
die uns betraf auf unserm Leidenspfad,
sie blieb die einzge nicht und nicht die schwerste,
wir schämten uns für diesen Selbstverrat
und glaubten kaum noch an die nahe Reise
zurück zur Heimat, die der Traum beschlich:
dort ging das Leben in gewohnter Weise
alltäglich weiter, nichts vermißte mich!


IV.
Geliebte Zürich-Stadt: in deinen Mauern
empfand ich mich bald glücklich wie zuhaus,
vergaß, Gewesnes länger zu betrauern,
genoß behaglich wieder Trank und Schmaus,
den See befuhr ich, ging die Hügelpfade
und hatte meinen Platz im Abendschank,
beim Heimweg durch die Uferpromenade
verweilt' ich nächtlich gern auf einer Bank,
mir tröstliche Gedichte auszudenken,
die Lichter auf den Höhen ringsumher
begannen mich mit Versen zu beschenken,
der Widersinn der Welt wog nicht mehr schwer.
Noch war ich im Bereiche unsrer Sprache,
die schweizerische auch klang mir verwandt,
ich fühlte fern mich allem Ungemache,
in einem andern, bessren Heimatland,
in dem ich gern mich eingebürgert hätte
und seßhaft für ein Altersglück gemacht
als an der lang ersehnten Ruhestätte,
der mir gefälligen bei Tag und Nacht,
in dieses Landes Rechtlichkeit geborgen,
wie seine Eidgenossen schlicht und frei —
und war an einem hoffnungsvollen Morgen
ein Gegenstand der Fremdenpolizei.
Mein Bleiben wurde amtlich streng befristet,
mir Gleichgesinntem das Vertraun versagt.
Der Fuchs hat seinen Bau, der Vogel nistet;
des Menschen Sohn ist unstet und gejagt.


V.
Doch waren wir noch frisch und guter Dinge,
mit einem Reisepaß und Geld versehn,
als ob es zu Entdeckungsfahrten ginge,
begierig, Abenteuer zu besehn.
So sonnten wir uns froh an Hollands Strande
und saßen in Paris vor den Cafes.
Man gründete in jedem fremden Lande
Verlage, Zeitschriften und Komitees,
schrieb wieder Bücher, spielte keck Theater
und machte sich allmählich unbeliebt:
gefiel sich als der warnende Berater,
der seinen Gönnern weise Lehren gibt,
und trieb es noch in alter Weise weiter,
vorzeitig seines Sieges zu gewiß
und nahm das Unheil leichten Sinnes heiter,
das eine ganze Welt in Stücke riß.
Die unsre schien uns größer fast geworden,
und wir bevölkerten sie überall
und hörten schon vom Süden wie vom Norden
der freundschaftlichen Stimmen Widerhall;
da saßen nun die alten Kameraden
in China oder Südamerika
und haderten, weil nicht von Schicksals Gnaden
die Wiederkehr zur Heimat längst geschah,
beschworen sich in wesenlosen Briefen,
in denen jeder stets dasselbe schrieb,
und erst, wenn endlich nachts sie traumlos schliefen,
vergaßen sie, was abgelaufen blieb.


VI.
Ich zögerte, das Festland zu verlassen;
dem Wasserwege war ich immer gram.
Ich konnte lange den Entschluß nicht fassen,
eh ich zu einer Flüchtlingsbleibe kam;
dann ließ ich lieber mich durch andre leiten,
als für mich selbst verantwortlich zu sein:
sie sollten eine Wohnstatt mir bereiten.
Endgültigkeit gereicht mir stets zur Pein,
am liebsten lass' ich alles in der Schwebe
schön unentschieden, bis das Schicksal spricht,
dem ich mich dann bedingungslos ergebe,
mich dennoch stets beklagend im Gedicht.

So kam ich schließlich nach dem Inselreiche.
Da war (nach einer guten Überfahrt)
der Alltag plötzlich gar nicht mehr der gleiche,
befremdlich Klima, Sprache, Lebensart,
befremdlich friedlich wie vor Ur-urzeiten,
im Guten wie im Minderen mir fern,
mit seinen Mängeln, seinen Seligkeiten
ein andrer Erdteil, nein, ein andrer Stern,
wo ich mich schwerlich würde eingewöhnen.
Wie in verwunschner Luft ging ich umher;
der Gleichmut schien die Unrast zu verhöhnen,
sie mache sich und andern alles schwer.
Da klang, was wir erzählten, übertrieben,
man lauschte zweifelnd, wenn auch wohlgesinnt
man war noch immer Gentleman geblieben,
als welcher jede letzte Schlacht gewinnt.


VII.
Die Kleinigkeiten, die nicht viel bedeuten,
und dennoch erst des Lebens Würze sind,
das Nebenbei, an dem wir uns erfreuten,
das unnütz überflüssige Angebind
des Alltags, das ihn erst erträglich machte,
grad der geringe, harmlose Genuß,
wenn man behaglich schwatzte, zechte, lachte:
der Kellnerinnen flüchtig lieber Kuß,
der Geber und Empfänger nicht verpflichtet,
die Tröstung Alkohol zu jeder Zeit,
die Bar, wo mir der Cognak Lieder dichtet,
der Schenken seßhafte Gemütlichkeit,
die Möglichkeit, die Nächte zu durchschwärmen
und unbegütert sehr vergnügt zu sein,
am Kachelofen winters sich zu wärmen,
im Sommergarten froh zu schlürfen Wein,
das alles hier endgültig zu vermissen,
schien mir ein schwer zu tragender Verlust,
und mehr als in den wahren Kümmernissen
war ich in ihm des Opfers mir bewußt,
das ich mit meinem kleinen Leben brachte,
das plötzlich freudlos wurde, kalt und karg
und mich nicht mehr mit diesem Tand bedachte,
der manchen Antrieb meines Schaffens barg.
Das Drohende, von dem wir uns befreiten,
galt beinah weniger, als daß wir jetzt
entbehren sollten unsre Kleinigkeiten
und heuchelnd dankbar sein zuguterletzt.


Anfang 1941

Fragen zum Jahresbeginn

Kommt nun der Tod? Erblüht ein neues Leben?
Führt es ans Ende oder zum Beginn?
Wird noch einmal dem Lauf der Welt gegeben
nach soviel Wahn ein morgenheller Sinn ?
Ist mir gestattet alles zu behalten,
darin ich heimisch aufgehoben war?
Kann aus dem Chaos maßvoll sich gestalten
gerechte Satzung mild und sonnenklar?
Wie soll das Weltbild sich zum Guten wenden,
wenn meinem eignen Wesen nicht gelingt
in Reife sich und Ruhe zu vollenden,
das Alter sich um seine Würde bringt?
Ob ich trotzdem noch einmal gutzumachen,
bescheiden andern wohlzutun vermag?
Darf ich nach banger Nacht erlöst erwachen
in einen unbedrohten Friedens-Tag,
den ersten künftig schreckensloser Zeiten,
auf daß die Menschheit wieder menschlich lebt,
sich gegenseitig Freude zu bereiten
der Segen ist, nach dem die Seele strebt?
Umgibt mich wieder die vertraute Stille,
in die mein Dichter-Dasein doch gehört,
wo kein unbändig machtbesessner Wille
die Eintracht der Geschöpfe feindlich stört?
Kann uns die Erde wieder schön erscheinen,
weil sich das Göttliche ihr nicht entzieht,
der Fromme wieder Freudentränen weinen,
wenn er es jungfräulich rings blühen sieht,
das neue, gutgeglückte, sichre Leben,
das wieder Hoffnung hat und einen Sinn?
Was will das launische Geschick uns geben
kommt nun das Ende oder ein Beginn?


20. 01. 1941

Gloria in excelsis

Wenn wir nicht mehr auf das Wunder hoffen,
wird es hundertfältig uns beschert:
plötzlich stehn die Himmelstore offen,
wird uns einzutreten nicht verwehrt
in den Glanz der ewig lichten Säle,
daß wir überwältigt, von der Pracht
und vom Klang unirdischer Choräle
für Sekunden blind und taub gemacht,
wie verzaubert uns nicht weiter wagen,
auf die Herrlichkeit nicht mehr gefaßt.
Soviel Nöte haben wir ertragen,
in der Fremde soviel Glück verpaßt,
daß wir uns der Wohltat nicht getrauen,
wird sie doch so spät noch heilig wahr.
Fast beginnt uns vor der Gunst zu grauen,
wittert Argwohn heimliche Gefahr
in dem allzu schönen Schein verborgen,
der vielleicht uns grausam nur betört,
die Vertrauensseligen schon morgen
unbarmherziger als je zerstört
oder sie zurück in ihr Verderben,
schlimmer als es vorher war, verstößt,
wo uns von dem bitterschweren Sterben
keines Engels Liebesdienst erlöst.
Wer soviel Enttäuschung dulden mußte
und so herbe Feindlichkeit erfuhr,
stets das eigene Verschulden wußte,
immer wieder sich zu bessern schwur,
immer wieder jämmerlich versagte,
sich und andern schmerzlich eine Scham,
schließlich garnicht mehr zu hoffen wagte,
daß zu ihm auch Gottes Bote kam,
ihn ins Wunderbare zu geleiten,
wo wir nicht mehr Fremdling sind und Gast,
sondern heimatlich für alle Zeiten,
frei von des Vergangnen Seelenlast,
unsrer Schwächen ledig, uns erneuern,
seiner würdig, nicht mehr taub und blind,
und bei Sphärenklang und Sternenfeuern
in dem Himmlischen geborgen sind.


25. 01. 1941

Im Bann des Todes

Nun ist jedes Schlafengehen
wie zum allerletzten Mal:
ob wir wieder auferstehen
zu erneuter Angst und Qual
oder zu gelindem Tage
zweifelnd hoffnungsvoll erwacht,
eine stumme Schicksalsfrage
die uns immer furchtsam macht,
bis mich der Sirene Tönen
für doch ungewisse Zeit
von dem mörderischen Dröhnen
ohne großen Trost befreit.

Ist mir Schlummer dann beschieden,
bin ich dennoch nicht entrückt
in den wohlverwahrten Frieden,
wo kein Kummer mich bedrückt,
darf vergessend nicht entweichen,
ohne Arg bewußtlos sein;
noch in meine Träume schleichen
sich die Todesängste ein,
noch die flüchtge Schar der Schatten
zeigt den feindlich bösen Zug
von Dämonen, nimmersatten,
kreist um uns der dunkle Flug.

Dieser Schwärm wird immer dichter
über meinem Lebensboot,
bis er mir die Sternenlichter
völlig zu verdunkeln droht;
durch die schwarzen Sintflutwogen
gleitet die erzwungne Fahrt,
unter leerem Himmelbogen
bin ich lebend aufgebahrt,
wage nicht, mich sacht zu regen,
nicht, mit Seufzern dieser Nacht
Totenstille zu bewegen,
daß der Würger nicht erwacht.

Darf ich noch einmal ins Leben
aus dem schon gefühlten Tod
mich für kurze Zeit begeben
mit dem nächsten Morgenrot,
bleibt es immer überschattet
von dem längst gefällten Spruch,
ist mir keine Rast gestattet,
geht durch all mein Tun der Bruch,
der die ganze Welt entzweite,
zweifelnd zwischen Ja und Nein,
und die just von Angst befreite
Stunde mag die letzte sein.


28. 01. 1941

Fluch der Entzweiung

Wie die ganze Welt feindselig sich entzweite
und verwirkte ihrer Eintracht grenzenlose Weite,
um den Segen sich des Friedens brachte,
unglücklich mit wüsten Wünschen machte,
ließ auch meiner Seele Sanftmut sich verstören,
mochte nicht mehr auf die Stimme des Gewissens hören,
zog es vor, der Bosheit sich zu überlassen
und verstockt das Höhere zu hassen.
Auch mit Freunden bin ich jäh in Fehde
und verwunde sie durch eitle Widerrede,
schlage meines Lebens Glück in Stücke
und erschrecke vor der eignen,
selbstzerstörerischen Tücke.
Nachts verzehr' ich schlaflos mich in Reue,
schwöre mich zu bessern stets aufs neue,
gilt es andern Tags, mich zu bewähren,
bin ich wieder schuld an Deinen Zähren,
schuld an Deiner tief enttäuschten Güte,
die sich so für meine Wohlfahrt mühte,
schuld, daß dieser gnädig uns vergönnte
Aufschub, der uns köstlich einen könnte,
lästerlich verkommt in unseligem Streite,
schuld, daß sich die ganze Welt entzweite!


31. 01. 1941

Gebet

Bringe mich nicht ganz von Sinnen,
mach' mich duldsam und verträglich
Wieviel Stunden laß ich täglich
fruchtlos, ungenutzt verrinnen!
Ich versäume meine Sachen
und verschweige meine Liebe,
als ob mir ein Leben bliebe,
das Verfehlte wettzumachen,
als ob mir ein Gott gewährte,
stets von neuem anzufangen,
nach Vergangnem zu verlangen,
daß es mich noch einmal nährte
mit der längst gehabten Speise
und den schal gewordnen Tränken.
Wieder durch die alten Schenken
macht mein Traum die trübe Reise,
zeigt mir die vertrauten Plätze
unverändert, mich zu narren,
und aus Schutt und Asche scharren
meine Wünsche tote Schätze.

Bringe mich nicht ganz von Sinnen,
daß ich mir nicht mehr gehöre,
meine Gegenwart zerstöre,
mich im Spuke einzuspinnen,
nicht mehr auf die Zukunft baue,
ohne Hoffnung, Liebe, Glaube!
Heb mich gnädig aus dem Staube,
daß ich wieder Schönes schaue,
mich in alle Weiten wage,
neue Wunder zu entdecken,
nach sovielen wüsten Schrecken
mit dem Leben mich vertrage,
meine Zärtlichkeit verschenke,
keinen Augenblick verliere,
Menschen, Blumen, Steine, Tiere
mit der gleichen Gunst bedenke,
mich genügsam glücklich wähne
und kein Übriges begehre
und mich niemehr töricht wehre
gegen des Geschickes Pläne!


02. 02. 1941

Ruinen-Welt

Zwischen den Ruinen
geistern fahle Schatten,
wo die Lampen schienen
auf zufriedne Mienen,
die hier Heimat hatten.

Was zur gleichen Stunde
gestern war die Bleibe
froher Tafelrunde,
klafft als offne Wunde
in des Hauses Leibe.

Grausige Kulissen
stehn um Aschengruben,
Vorhänge und Kissen
liegen wirr, zerrissen
in zerstörten Stuben.

An der Mauerstütze s
chaukelt wie im Spiele
eine Kindermütze,
und zur Regenpfütze
mählich wird die Diele.

Durch die Trümmer schleichen
unbehauste Katzen
über Schutt und Leichen,
und wir alle gleichen
bleichen Grabesfratzen,

die in Furcht und Schrecken
der Vernichtung harren,
sich umsonst verstecken,
stets ihr Sterben schmecken
und ins Leere starren,

schon die eignen Wände
schmählich stürzen sehen
und die Feuerbrände,
drin die Bücherbände
frevelhaft vergehen.

Städte schwinden, Reiche,
die unsterblich schienen,
und der Mond, der gleiche,
starrt auf Kraterteiche,
Wüsten und Ruinen.


08. 02. 1941

Flüchtiger Schnee

Deckt jetzt der Schnee auch meine schlimmsten Sünden,
gibt er der Mörderwelt ein Unschuldskleid,
will er den nahen Frieden uns verkünden,
die Hoffnung nach sovielem Herzeleid?
Bald schmilzt er, wird sein Weiß zu schmutzigen Lachen,
ist alles widerlicher als vorher
und, vom Zerstörungswahn besessen, machen
die Menschen sich das Leben selber schwer,
weicht wiederum in nebelhafte Fernen
der Friede, dessen sänftigender Schein
uns grüßte von den seligeren Sternen,
ist jede Kreatur mit sich allein.
Noch mehr bin ich es als in alten Jahren,
weil niemand meinen stillen Gram versteht
und abseits von den tatentrunknen Scharen
mein Leben einsam, hoffnungslos, vergeht,
niemals erlöst von den Gedankensünden,
zu immer schmerzlicherem Trotz verführt.
Die Liebesbotschaft sollte ich verkünden,
vielleicht daß doch mein Sang die Seelen rührt;
der aber harft die eignen Zwistigkeiten
und kann sich nicht von Kleinlichem befrein.
Es taut. Der ganze Unrat unsrer Zeiten
liegt offenbar im vollen Sonnenschein.


17. 02. 1941

Trügerisches »Vielleicht«

Vielleicht lädt mich ein Gönner ein
zu einer feinen Flasche Wein,
vielleicht nimmt eine schöne Frau
mich mit zu einer Modenschau,
wo Vorführdamen, gutgebaut,
mein Auge wohlgefällig schaut,
vielleicht steht mir das Bühnentor
noch einmal offen wie zuvor,
daß hinter den Kulissen ich
gutfreund bin, froh und heimatlich,
vielleicht im Sommer noch einmal
geh' ich vom Berg hinab ins Tal
durch Wald und Wiese, Halm und Klee
zu der vertrauten Stadt am See
und bin in ihr beglückt zuhaus,
genieße wieder Trank und Schmaus …

So denk' ich mit »vielleicht« mir aus
inmitten all dem Weltengraus
Vergnügen, die ich einst geliebt,
die es für mich wohl nicht mehr gibt,
und wären sie mir doch erlaubt,
als dem, der an das Wunder glaubt,
so schienen in der Zeiten Qual
sie frevelhaft, gespenstisch fahl,
nur Zerrbild noch von dem was war,
wenn jetzt die tödliche Gefahr
mir jeden Augenblick vergällt,
Feindseligkeit uns überfällt,
sobald man sich zu Tische setzt,
die Antwort den, der fragt, verletzt,
und was einst harmlos freundlich klang,
mahnt nun an Blut und Untergang.
»Vielleicht« bleibt Spiel, das trügt und narrt;
wahr ist: der Tod, der meiner harrt.


20. 02. 1941

Sturz Zions

Auch die sonntags in den Kirchenstühlen
durch Gebet verbundene Gemeinde
darf den Seelenfrieden nicht mehr fühlen,
ihren Himmel ohne Haß und Feinde.
Mag die Orgel noch so tröstlich tönen,
mild die Farbigkeit der Fenster strahlen,
nicht mehr kann die Macht des Heilig-Schönen
hilfreich musizieren oder malen.

Jeder lauscht verstohlen den Gewittern
der Vernichtung, fürchtet sich, zu sterben
und im nächsten Augenblicke splittern
die bemalten Scheiben wohl zu Scherben,
bleibt nichts mehr von den geweihten Dingen.
Um die Eintracht, die sie jetzt noch glauben,
wenn sie ihre frommen Chöre singen,
wird der Zwang zum Kampf sie bald berauben.

Ihre sichre Arche kommt ins Schwanken,
daß die Friedensengel ängstlich flattern,
der Apostel Piedestale wanken,
wenn die irdischen Geschütze knattern,
steht das Allerheiligste in Flammen,
Staub und Asche werden die Altäre,
und die hohe Kuppel bricht zusammen,
als ob Gott sein Haus zuwider wäre.

Lang schon sind die Glocken stumm geworden,
glänzt der Kerzen Licht nicht mehr nach Außen,
wollten vor dem großen Menschenmorden,
unverständig täuschend gleich den Straußen,
Flüchtlinge im Weihrauch sich verstecken,
aber alle Sicherheiten schwinden,
und es dürfen vor dem letzten Schrecken
auch die Frommen kein Refugium finden.

Umgeschmolzen werden die Monstranzen
gotteslästerlich zu Mörderwaffen,
Kanzeln wandeln schändlich sich zu Schanzen,
nichts mehr hat sein Kreuz mit Christ zu schaffen,
In die Abendandacht donnern Bomben,
ungehört die Kinder Gottes klagen,
bis die letzten in den Katakomben
irr vor Angst einander selbst erschlagen.


26. 02. 1941

Vor dem Ende

Ihr merkt es nicht: es geht mit mir zu Ende;
halt' ich mich aufrecht heut - wie lange noch?
Das Sterben steht an jeder Wegeswende
und findet den auch, der sich feig verkroch.
Ich ließ mich auf ein totes Gleise schieben,
dem Leben fern, das in die Zukunft fährt.
Von allen Gütern ist mir nichts geblieben
als dieses Dämmern, das nicht lang mehr währt.
Ihr sprecht, ihr scherzt, ihr seid auch wohl betroffen;
doch alles hat mit mir nichts mehr zu tun.
Ich kann mir keine Besserung erhoffen,
mein Wunsch ist nur: mich endlich auszuruhn,
dies doch verfehlte Treiben abzuschließen,
schmerzlos auf einmal nicht mehr dazusein.
Und schien ich immer wieder zu genießen
das Buch, den Park, die Speise und den Wein,
es gleicht ja doch dem grausen Henkersmahle,
das keinen Schrecken mir ersparen kann
und das ich viel zu teuer stets bezahle
mit aller Lust, die ungenutzt verrann.

Dazu der stumme Vorwurf deiner Blicke,
die dunkel auf dem Schuldbewußten ruhn.
Daß ich mit deinem leichteren Geschicke
vereinigte mein unheilvolles Tun,
ist nicht durch all die Verse gutzumachen,
die ich dir band zum ewigen Hochzeits-Strauß.
Am besten wär's: hier nicht mehr zu erwachen;
ich schliefe sanft mich aus der Welt hinaus
in eine andre mit ganz andren Wesen,
die nichts von unsrer tollgewordnen weiß,
und dürfte, wie nach langem Leid genesen,
dann auferstehn als überlegner Greis,
der lächelt über die vergangnen Lasten,
weil ihm nichts Menschliches zu nahn vermag,
und endlich kann er ungefährdet rasten
in holdem Frieden bis zum Jüngsten Tag,
in goldnen Strophen dichten die Legende
verklärten Daseins ohne Not und Joch . . .
Die Erde bebt, es geht mit ihr zu Ende;
scheint heut sie leidlich heil - wie lange noch?


28. 02. 1941

Nur wenig Platz

Mir blieb nur wenig Platz für diese Zeilen;
sie seien dennoch keine Spielerei:
mich von der Furcht des Augenblicks zu heilen,
sind sie geschrieben. Schon ist er vorbei.
Was wird der nächste meinem Leben bringen?
Ob mein Gedicht auch ihn bezaubern kann,
daß er mich schont? Ich muß die Angst wegsingen
wie ein zur Nacht im Wald verirrter Mann,
vielleicht viel Schlimmeres damit beschwören,
den Feind, der meine Spur noch garnicht fand,
das Raubzeug, das im Dickicht schlief, aufstören,
und singe mich um Glück und Heimatland.
Die schönste Strophe kann den Tod nicht bannen.
Der Himmel schenkte sie durch mich der Welt.
Es bleibt der Vers. Mich holt es bald von dannen,
schon ist mein Zufluchtsort von Mord umstellt,
mein Dichtererbe anderen gegeben,
daß sie verschwenden den erlesnen Schatz,
und für mich selbst und mein verfehltes Leben
ist schließlich wenig, schließlich gar kein Platz.


03. 03. 1941

Tödliche Stille

Sie gehn, sie kommen, gehn und kommen wieder,
du bist nicht sicher, scheint es noch so still,
und plötzlich in den Frieden meiner Lieder
schreit wieder die Sirene, lästig schrill.
Ich horche auf: ob sie sich näher wagen,
ist meine Zelle abermals bedroht?
Aus diesen Nächten und aus diesen Tagen
wird niemals etwas anderes als Tod.
Wir warten, bangen, zögern und beginnen,
versteinert steht um uns die grause Zeit
und läßt mich in Vergangnes nicht entrinnen
und nicht zur Zukunft. Die Sirene schreit.
Gibt es noch Märchen, welche glücklich enden?
Daran zu glauben fällt der Seele schwer,
der oft enttäuschten; tröstliche Legenden
belügen meine Traurigkeit nicht mehr.
Es wurde abgelehnt, was ich ersehne,
und mein Gebet um Frieden nicht erhört.
Beruhigt oder warnt jetzt die Sirene,
wenn sie schon wieder das Besinnen stört?
Stürzt aus dem Nichts der Blitz auf mich hernieder
im Augenblick, da ich doch froh sein will?
Sie gehn, sie kommen, gehn und kommen wieder.
Die Stille auch ist nur gehässig still.


18. 03. 1941

Der Spiegel

Vernichtung ließ und Weltenbrand
den Spiegel an der Trümmerwand,
die der Zerstörung widerstand,
in dem sich nun der Mond besieht,
eh ihn die Wolke zu sich zieht
und mit ihm in das Dunkel flieht.

Fremd hängt der Spiegel, ganz allein,
nichts Eitles blickt in ihn hinein,
bis jäh darin der Widerschein
der frevelhaften Flammenschrift,
wenn wieder Mord die Nacht durchschifft,
mit Gottes Glanz zusammentrifft.

Denn, ist verwüstet auch sein Haus
und gingen alle Lichter aus,
verkroch im Dunst sich Mensch und Maus:
ein Stern tritt aus dem Nebelflor
doch immer wieder hell hervor,
wenn schon das Herz den Mut verlor.

Und schützt uns, bis der Morgen glüht
und sich der Tag von neuem müht
und aus Ruinen Frühling blüht
und, wer den Schrecken überstand,
die Zauberkräfte wiederfand
des Spiegels an der Trümmerwand.

»Spieglein, Spieglein, an der Wand,
wann kommt der Friede diesem Land?«