Irmgard Keun

Irmgard Keun (* 6. Februar 1905 in Charlottenburg bei Berlin; † 5. Mai 1982 in Köln) war eine deutsche Schriftstellerin


ein Bild wird nach vorliegen
der entsprechenden Genehmigung hier eingefügt werden.

Leben

Mit den Eltern, dem Kaufmann Eduard Keun und Elsa Charlotte Keun, geborene Haese, und dem 1910 geborenen Bruder Gerd verbrachte sie ihre Kindheit zunächst in Berlin. Während der Zeit in Berlin zog die Familie mehrfach um, bis sie 1913 nach Köln übersiedelte. Nach dem Abschluss einer evangelischen Mädchenschule 1921 besuchte Keun zunächst eine Handelsschule im Harz, anschließend nahm sie Privatunterricht in Stenografie und Schreibmaschine in einer Berlitz School. Danach war sie als Stenotypistin berufstätig. Von 1925 bis 1927 besuchte Keun die Schauspielschule in Köln. Es folgten Engagements in Greifswald und Hamburg, allerdings mit mäßigem Erfolg. Aus diesem Grund beendete sie 1929 ihre Schauspielkarriere und begann – ermutigt von Alfred Döblin – zu schreiben. 1932 heiratete sie den Autor und Regisseur Johannes Tralow; 1937 wurde die Ehe wieder geschieden.

Ihr erster Roman Gilgi – eine von uns machte Irmgard Keun 1931 über Nacht berühmt. Auch Das kunstseidene Mädchen (1932) wurde sofort zu einem Verkaufserfolg. Gefördert wurde sie von Döblin und Kurt Tucholsky, mit dem sich allerdings eine Kontroverse entwickelte, nachdem Plagiatsvorwürfe gegen Das kunstseidene Mädchen erhoben worden waren. Keun hätte angeblich aus Robert Neumanns Roman Karriere, der 1931 erschienen war, abgeschrieben. Neumann distanzierte sich – allerdings erst 1966 – von diesem Vorwurf im Nachwort der Neuauflage von Karriere und lastete die Schuld den Kritikern an: „Ich hatte nie dergleichen behauptet, ich behaupte es heute nicht – ich hoffe, Frau Keun liest diese Versicherung, die ja bloß mit ein paar Jahrzehnten Verspätung kommt. Auch Frau Keun hatte mich nicht nötig.“

1933/34 wurden ihre Bücher beschlagnahmt und verboten. Ihr Aufnahmeantrag in die Reichsschrifttumskammer wurde 1936 endgültig abgelehnt. Keun ging ins Exil (1936 bis 1940), zunächst nach Ostende in Belgien und später in die Niederlande. In dieser Zeit entstanden die Romane Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften (1936), Nach Mitternacht (1937), D-Zug dritter Klasse (1938) und Kind aller Länder (1938), die in deutschsprachigen Exil-Verlagen in den Niederlanden erscheinen konnten. Zu ihrem Freundeskreis gehören in diesen Jahren unter anderen Egon Erwin Kisch, Hermann Kesten, Stefan Zweig, Ernst Toller, Ernst Weiß und Heinrich Mann. Von 1936 bis 1938 hatte sie eine Liebesbeziehung mit Joseph Roth, die sich zunächst positiv auf ihre literarische Tätigkeit auswirkte. Sie arbeitete gemeinsam mit Roth und unternahm mit ihm zahlreiche Reisen (nach Paris, Wilna, Lemberg, Warschau, Wien, Salzburg, Brüssel und Amsterdam). 1938 trennte sich Keun von Roth. Nachdem die Deutschen mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Niederlande Keun in ihrem Exilland eingeholt hatten, ging sie 1940 nach Deutschland zurück und lebte dort bis 1945 in der Illegalität. Dabei half ihr ein SS-Mann in den Niederlanden bei der Herstellung falscher Papiere. Hilfreich war auch, dass Meldungen über ihren Tod veröffentlicht worden waren.

Nach dem Krieg versuchte Keun, verlorengegangene Kontakte wiederherzustellen, traf sich mit Döblin und begann einen jahrelangen Briefwechsel mit Hermann Kesten. Sie arbeitete als Journalistin und schrieb kleinere Texte für Hörfunk, Kabarett und Feuilletons, konnte jedoch literarisch nicht wieder Fuß fassen. Ihr Roman Ferdinand, der Mann mit dem freundlichen Herzen (1950) fand nur wenig Beachtung, auch die Bücher aus der Emigrationszeit erwiesen sich als unverkäuflich. 1951 wurde die Tochter Martina geboren, den Vater hielt Keun geheim. Ab Mitte der 1950er Jahre bestand eine Freundschaft mit Heinrich Böll, mit dem sie gemeinsam einen fiktiven „Briefwechsel für die Nachwelt“ publizieren wollte. Das Projekt scheiterte, da sich kein Verleger finden ließ. Ab den sechziger Jahren blieben Veröffentlichungen aus, Keun litt an Alkoholismus und verarmte. 1966 folgte ihre Entmündigung und Einweisung in die psychiatrische Abteilung des Landeskrankenhauses Bonn, wo sie bis 1972 blieb. Danach lebte sie zurückgezogen in Bonn, ab 1977 in einer kleinen Wohnung in der Kölner Trajanstraße. Eine Lesung in Köln und ein Porträt im „Stern“ sorgten dann unerwartet für eine Wiederentdeckung von Keuns Büchern. Durch Neuauflagen verbesserte sich ab 1979 ihre finanzielle Lage. 1982 starb sie an Lungenkrebs und wurde auf dem Kölner Melaten-Friedhof beigesetzt.

Ins Reich des Phantastischen gehört Keuns letztes Projekt: Ihre Autobiografie Kein Anschluß unter dieser Nummer, die sie nach dem wiedererwachten öffentlichen Interesse immer wieder ankündigte. In ihrem Nachlass fand sich davon keine Zeile. Damit schließt sich ein Kreis von Selbstinszenierungen und falschen Angaben zur Biografie, die typisch waren für Irmgard Keun: Als ihr erster Roman Gilgi erschien, machte sie sich fünf Jahre jünger, um so alt zu sein wie ihre Protagonistin. Die Keun-Biografin Hiltrud Häntzschel schreibt deshalb: „Irmgard Keun hatte zur Wahrheit ihrer Lebensumstände ein ganz spezielles Verhältnis: mal aufrichtig, mal leichtsinnig, mal erfinderisch aus Sehnsucht nach Erfolg, mal phantasievoll aus Lust, unehrlich aus Not, mal verschwiegen aus Schonung.“

Werke

  • Gilgi – eine von uns. (1931), Roman
  • Das kunstseidene Mädchen. (1932), Roman, originalgetreuer Neudruck bei Claassen 2005, ISBN 3-546-00379-9
  • Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften. Allert de Lange Verlag Amsterdam, 1936
  • Nach Mitternacht. Querido Verlag, Amsterdam 1937. Roman
  • D-Zug dritter Klasse. Querido Verlag, Amsterdam 1938. Roman
  • Kind aller Länder. Querido Verlag, Amsterdam 1938
  • Bilder und Gedichte aus der Emigration. (1947)
  • Nur noch Frauen …. (1949)
  • Ich lebe in einem wilden Wirbel. Briefe an Arnold Strauss, 1933–1947 (1988)
  • Ferdinand, der Mann mit dem freundlichen Herzen. (1950), Roman
  • Scherzartikel. (1951)
  • Wenn wir alle gut wären. (1954), Erzählungen
  • Blühende Neurosen. (1962)


Quelle: Wikipedia

Texte von Irmgard Keun werden nach Ablauf des Urheberschutzrechtes, oder des Vorliegens einer anderen, entsprechenden Genehmigung hier eingestellt werden.