Verlag von Josef Singer
Inhalt
Einer allein schleicht traurig
Jetzt möcht ich nur noch sterben
Bald wirst Du nicht mehr leben
»Zwecklos ist mein Lied. Ja, zwecklos
Wie die Liebe, wie das Leben.... «
(Heine, »Atta Troll«.)
»An jedem Tage wandern wohl Millionen
Von Versebüchlein in die weite Welt.
Wollt Ihr denn niemals uns're Ruhe schonen?
Es kostet Euch ja doch bloß Euer Geld!
Und niemand wird Euch das Geschreibsel lohnen!
Wir sind ja übersatt von »Etsch zum Belt!!!«
»Denn jede Stunde bringt uns neue Ware:
Die Redakteure raufen sich die Haare.«
» Wozu kommst Du da noch mit Deinen Liedern?
So ruft empört das ganze Publikum. -
Was soll ich, armer Tor, Euch drauf erwidern?
Ihr habt ja recht! - Mir ist schon selbst so dumm
Von vielen Versen, und die Reime widern
Mich selber an, das ewige »Bim - Bum. «
Jedoch - wie schreit ein jeder Lyrikus? …
Die Muse ruft in mir!! Ich muß!!! Ich muß!!!
Na, fürchtet nichts! Und werdet nicht gleich bleich!
Du Kritiker, fall mir nicht gleich vom Stuhle!!
Ich singe nicht so » wonne - wiegsam - weich«,
Ich spinne nicht die ewigalte Spule,
Und meine Verse sind nicht formenreich,
Ich schwärme nicht von einer treuen Buhle.
Doch möcht ich immerhin Euch eines raten:
Lest sie nicht vor dem Frühstück oder Braten!!
Nach dieser Warnung kann ich ruhig schlafen:
Ich fühle mein Gewissen nun befreit,
Ich seh' geborgen mich im Unschuldshafen. -
Und, kriegt nun wirklich einer Katzenleid,
So darf er mich deshalb nicht streng bestrafen:
Ich hab' es ihm ja vorher prophezeit. -
Und außerdem - manchmal bring ich auch Prosa,
Wie's grade kommt: chinesisch-schwarz und rosa.
»O je, o je! Das klingt nach Lilienkron!!
So ruft der Kritiker, entsetzt, erschreckt. -
O je, o je! Ein neuer Epigon!!!
So viele haben »Wir« bereits entdeckt,
Und ihre Zahl ist wohl schon Legion;
Viel Lilienkrönchen hat der Herr erweckt!«
Na wegen mir! Den Rock hab ich geborgt,
Der Kerl darin bin Ich!!! Seid unbesorgt!
Und zwar ein armes, krankes Menschenkind,
Das alles, was sein Herz erfüllt, bedrückt,
Das, was ihm Freude, Leid und Schmerzen sind,
Was ihn betrübt und was ihn hochbeglückt,
Vom Herzen also sich zu schaffen sinnt,
In einer Form, wie Gott sie ihm grad schickt!
Ich mache meinem Fühlen Luft, so wißt!
Wie mir der Schnabel halt gewachsen ist!!!
In meiner Brust, da sitzt ein Weh,
Das will die Brust zersprengen;
Und wo ich steh und wo ich geh,
Will's mich von hinnen drängen.«
(Heine, »Buch der Lieder:
Romanzen: Der arme Peter«.)
Ist das ein Jubel!
Ist das ein Trubel!
Auf dem blumigen Wiesenplatz.
Schwärmen und Schwirren,
Gellen und Girren,
Bursche und Schatz.
Ist das ein Leben ...!
Schäkern und Scherzen....!
Ein einziger sitzt allein,
Allein, mit der Wunde im Herzen,
Und träumet im Sonnenschein.
Den blassen, siechen Knaben ...?
Was soll der bei Jubel und Lust?
Der kann ja nicht tollen und traben
Mit seiner wunden Brust?
Den bleichen, häßlichen Knaben ...?
Der paßt nicht ins frohe Bild!
Den wollen die Mädels nicht haben,
Der ist ja nicht fesch und wild!
Er kauert allein im Grase,
Und flicht sich einen Kranz
Für seines Muttchens Vase -
Und hinten ist Tanz.
Das ist ein Rennen!
Den Mädels brennen
Die Wangen wie heiße Glut;
Und mit den Jungen
Wird keck gerungen,
Da amüsiert sich der Übermut. -
________
Der Krüppel hinter den Hecken,
Der hört sie jagen und schrein,
Er hört ihr Lachen und Necken - - -
Möchte auch gern fröhlich sein.
Er blickt in den blauen Himmel,
Die Sonne lächelt ihm zu,
Des Vesperglöckchens Gebimmel
Tröstet: »Du Armer, Du!«
Und über die blassen Wangen
Eine Träne langsam rinnt -
Da ist in ihm aufgegangen,
Daß er auch Gottes Kind!!!
Da hat er aus Blütenfeldern,
Aus dem Vogelzwitschern traut,
Aus ernsten, dunklen Wäldern
Ein Reich sich aufgebaut.
Ein Reich, in stillem Sehnen,
Nicht für die Pöbelschar,
Ein Reich, aus Lachen und Tränen,
So rein und himmelsklar.
___________
Jetzt ist es genug,
Geleert ist der Krug,
Die Karawane zieht müde nach Haus.
Die Kleider zerdrückt,
Die Blume zerpflückt
Und das Fest ist aus.
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Erschöpft und erhitzt und trunken,
Taumeln sie spottend vorbei. -
Der Krüppel sitzt selig versunken
Und hört nicht ihr wüstes Geschrei....
Was weiß die bunte Reihe,
Daß der Krüppel am Wegesrand
Ein Reich voll Schönheit und Weihe
In jenen Stunden fand!!
In jenen Sonntagsstunden,
Die sie vertanzt und vertollt,
Daß er die Schönheit gefunden,
Die mehr als Fratze und Gold!!!
_____
Aus der Ferne noch hört man sie lallen:
»Wir trauern und trüben nicht.... !«
_____
In der Abendröte lächelt
Ein blasses Knabengesicht.
»Einsam klag' ich meine Leiden
Im vertrauten Schoß der Nacht;
Frohe Menschen muß ich meiden,
Fliehen scheu, wo Freude lacht.«
(Heine.)
I.
Ich kehrte heim - und weinte bitterlich – -
Ich kehrte heim, zu meiner stillen Gasse,
Die dunkel, einsam, abgelegen träumt,
In der mich niemand kennt und niemand haßt-
Und niemand liebt - In meine stille Gasse
Vom lichterstrahlten, buntdurchwogten Ringe -
Mein kleines Mädchen hatt' ich dort getroffen,
Das ich so gerne - ja! wie gerne! Hab'-
Die wandte sich nach mir und sagte spöttisch
Zu ihrer Freundin: »Der kann lange warten!«
Dann lief sie kichernd weiter in dem Schwarm -
Und weiter flutete der Menschenreigen - - -
Ich aber kehrte heim in meine Gasse,
Ich stieg hinauf in meine enge Stube
Und weinte bitterlich - und ich verbarg
Das blasse Antlitz in den dünnen Händen
Und weinte bitterlich - und schluchzte laut -
Da kletterte mein weißes, schmuckes Kätzchen
An mir herauf - und schnurrte mitleidsvoll
Um meinen Kopf - und schmeichelte - und leckte
Die Tränen von den bleichen Wangen mir -
Und strich mit seinem weichen, zarten Sammet
An meiner heißen Stirn - leis - vorbei …
Und plötzlich - draußen - auf der stillen Gasse
Begann ein Leierkasten rauh und heiser:
»Es i-st be-stimmt,
In Got-tes Rat,
Da-aß man vom Lie-bsten, das man hat,
Mu-ß schei-eiden, mu-ß schei-eiden.... «
II
Und ich kam heim - und weinte bitterlich - - -
Nein! Nein! - Ich weinte nicht - ich schimpfte, fluchte,
Ich wetterte wie'n betrunkner Muselmann,
Verwünschte mich bis in den Höllenorkus,
Ich schalt mich aus: »So'n feiger Komödiant!«
Da deklamiert er stolz mit Heldenpathos:
»Soll ich Dir, Flammenbildung, weichen, . . .?
Ich bin's! Bin Faust! Bin deinesgleichen!! «
- Und dann - der große Geist hat solche Angst
Vorm kleinen Gretel - daß er Reißaus nimmt ...
- Das gute Mädchen - Ach! was mußt' Sie auch ...
Und muß ich grad' im hellen Spiegelglas
Den blassen, krank gebückten- Mich erblicken. ..
Und ich - ich soll es wagen - diese - Blüte,
Die weiße, wolkenzarte, weiße Blüte
Mit meinen magern Fingern zu zerzupfen ...
Der Krüppel. . .
Und ich schluchzte bitterlich--
Da trat mein Freund - ganz leise - ans Klavier,
Und ernst - eindringlich - glitt nun seine Weise
Wie fernes Abendläuten durch das Zimmer ...
Ein freundlich gütlich sanftes Trosteswort …
So schlicht - so still - wie wenn die Mutter spräche.
Und dann - als ich dann wieder ruhig war,'
Da huschte eine kecke Amorette
Mir tändelnd - neckisch flüsternd an mein Ohr:
» Glück-lich ist,
Wer vergißt,
Was nicht mehr zu än-dern ist.... «
»Jedweder Geselle, sein Mädel am Arm,
Durchwandelt die Lindenreihn;
Ich aber, ich wandle, daß Gott erbann,
Ganz mutterseelallein.
(Heine.)
Draußen war Kirmes auf dem Lande -
Karussels - eine Gauklerbande -
Schießhallen - Musik - Seltersbuden -
Quiekende Leiern - kreischende Juden -
Luftschaukeln, Zirkus, Schnellphotographie -
Zuckerherzen mit »süßer Poesie«
Liegen verstaubt am Weg auf den Tischen -
Und dazwischen
Kinder ausgelassen und heiter,
Schiebt die Menge sich lärmend weiter.
Auch der Städter hat sich herausgewagt,
Kitzelt verstohlen die stramme Magd,
Weil es die Frau Gemahlin nicht sieht.
Jagt er heute auf fremdem Gebiet.
Denn erstens ist heute alles so billig,
Und zweitens sind die Landmädel willig,
Und drittens ist man nicht gern allein,
Und viertens Abwechslung muß doch sein,
Und fünftens ist so ein draller Engel
Viel zu gut für den schmutzigen Bauernbengel.
Schließlich, man muß sich doch amüsieren,
Warum soll es der Städter nicht auch probieren?
Drin, bei der Kathi im Traubenzelt,
Sitzt manch schmucker Husarenheld
Und klimpert mit seinem Löhnungsgeld.
Um die Buden dicht herum
Steht glotzend das Bauernvolk, steif und dumm.
Lauter dralle, rote Backen,
Und die Hüften - daß sie knacken! -
Kerle voll gesunder Kraft,
Voller Würze, Mark und Saft,
Recken die starke, sehnige Brust,
Sind sich der Würde wohl bewuß t,
Prachtvolle Jungens in Sonntagstracht,
Daß einem 's Herze im Leibe lacht,
Wenn man so einen Burschen erblickt,
Wie er das Mädel an sich drückt! -
Dann wieder trotten sie steif und stolz
In dem Trubel herum, wie ein Stück Holz.
Und wenn sie ein neues Wunder sehn,
Bleibt die Herde gaffend und staunend stehn! ...
Und alles rauscht wie ein wogendes Meer,
Von den Tanzsälen klingt ein Walzer her,
Vom Zirkus schallt jubelndes Jauchzen und Schrein -
Über allem lacht flutender Sonnenschein!!!
_________________
Einer allein schleicht traurig umher,
'Das Antlitz verweint, vergrämt,
Einer allein - mit dem wilden Schmerz -
Ist von dem Trubel verfehmt.
Einer allein -» Na, wer denn nur? «-
» Nun, der es immer war, -
Der kranke Knabe, der »Dichterling«,
Der ist so sonderbar …
»Ach, laßt ihn sein---!«
» Ja, laßt mich sein
Mit meinem Kummer und Gram ...
Ich traure lieber ganz allein,
Ja, ganz allein,
Und sinne nach, wie das so kam -
Wie das so kam.... «
Da nimmt mich ein Engel bei der Hand
Und führt mich still ins Kinderland …
Ein Kind noch war ich - und wir Knaben spielten,
Im Sommer, draußen, auf der Promenade,
Ich war der Kutscher, hochfein gräflicher,
Versteht sich! - und ich lenkt' ein Viergespann
Von auserlesenen, edlen Rassepferden,
Die schäumten ins Gebiß und stampften wild,
Der Felix und der Rudolf, Fritz und Hugo -
Und jagten stolz und ungestüm dahin,
Und übermütig knallt ich: »Hottehüh! ... «
Von ferne stand ein armer, blasser Junge,
Barfuß, zerrissen Hose, Jacke, stand er,
Mit seinem bleichen Unschuldsangesicht
Und mit treuherzig lieben, stillen Augen.
Und sah voll Sehnsucht unsern Spielen zu,
Wie wir uns freuten, tollten, jubelten -
Und stand allein und blickte scheu herüber -
Und endlich faßte er sich Mut - und kam -
So nach - und nach - und schüchtern bat er mich:
»Mitspielen - bitte - mitvergnügt sein, ja?« ...
Doch ich - erhitzt vom vielen frohen Jagen,
Unmutig ob der unwillkommnen Störung,
Fuhr rauh ihn an und schwang die Peitsche zornig:
» Wer mit mir spielen, wer mein Pferd sein will,
Muß schön gestriegelt sein und wohl gepflegt -
Gräflich bin ich - verstanden?! - Mein Gestüt
Hat nur gezäumte, fein gezügelte
Und schmuck geputzte, wohlgezogene Rasse -
Nicht magre Ackermähren - damit basta!«
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Der Blick, der mich aus den verschüchterten,
Treuherzig, lieben, stillen Augen traf,
Den werd ich nie vergessen ... nie ... niemals
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
So steh' auch ich bei jedem Freudentaumel
Jetzt abseits - still beiseit - und schau hinüber -
Sehnsüchtig - traurig - ganz allein verlassen -
Und bettle auch: »Mitspielen - bitte - ja -«
Und werde dann auch roh hinweggestoßen. -
Und weiter wogt des Festes Jubelfeier,
Noch immer lacht das Mädel, quiekt die Laier,
Noch immer krächzt der hagre Marktausschreier,
Da geh' ich still und sachte - fort - hinaus -
Weit - weit - hinaus - bis an die Stadtchaussee -
Und weine - dort - mein ganzes - herbes Weh -
Am Grabenrande - leis - allein - mir aus....
_______
Wär ich ein »Klassiker«, so würd ich jetzt
'nen großen Trauersalamander reiben,
Und würde - mit Sentenzen fein durchsetzt -
Die üblich schöne Nutzanwendung schreiben,
Und würde wohl zum Bußeprediger werden -
»Denn« - mahnt ich - »jede Schuld rächt sich auf Erden«.
Ach, wärst Du mein! - Was brächte ich nicht alles
dem lieben Leckermäulchen abends mit! ...
Konfekt und Pralines und Schokolade
oder ein Körbchen schwer von süßen Früchten,
Samtpfirsich, Ananas, Orange, Erdbeer -
und Blumensträuße brächte ich Dir mit,
Dein Auge schwelge in dem Sonnenfeuer
der duft'gen Blütenzweige - Hyazinthen,
Jasmin und Flieder - purpurglühen Mohn
und Leuchter schenkt ich Dir, aus Malachit,
die nächtens unser Fürstenzimmer schmückten,
schlank leichtgewundne grüne Kupferleuchter -
und zierliches Porzellan: Rokokodämchen,
mit weiten Reifröcken - Rokokoherrchen,
betreßte Kavaliere, mit dem Degen,
dem silbernen, leicht tändelnd an der Seite,
mit weißgepuderten Perücken nickend -
und feingeschliffne Kelche aus Krystall,
die füllte ich mit abendrotem Weine,
dann stieß ich jauchzend mit Dir, Fürstin, an
und hell wie Geigen summten unsre Gläser,
und klar wie Schlittenläuten kläng' Dein Lachen -
Ja, ja - Windspiele kaufte ich Dir auch,
die sich mit Dir graziös hinschnellend jagten
in meines Parkes weichen, weiten Gängen,
und in Dein übermüt'ges Mädchenlachen
erklingt der Vögel jauchzendes Gezwitscher -
und abends dann, in schwülen Sommernächten,
wenn in den Gräsern laut die Grillen zirpen,
fahr ich Dich auf den wolkendunklen Teich -
denn einen Teich auch hab' ich angelegt,
und Marmorstufen führen da hinab,
und Weidenbüsche stehn um ihn herum,
und Fliedersträucher tauchen ihre Zweige,
die Blütenzweige, schwer vom Tau der Nacht.
tief in die blauen Fluten - Und wir schaukeln.
glutüberhaucht vom fernen Abendglanz,
Durch all den Schimmer, Dunst und Duft und Traum,
- Still zittern da die Blüten - um uns ziehen
milchweiße Schwäne ihre weite Bahn
und majestätisch bauschen sie die Federn,
und feierlich umkreisen sie die Barke ...
dann fließt das Mondlicht über unsern See,
am Ufer stehn die Weiden ernst empor,
die Rosen leuchten von dem Park herüber, -
Wir gleiten durch den bleichen Silberspiegel,
Du läßt Dein langes Haar im Wasser streifen,
von klaren Tropfen perlt die feuchte Bürde ...
Ein Glühwurmpärchen taumelt über uns ...
Seerosen blühen aus dem Schilf empor,
auf feinen Stilen matte Blütenkelche,
auf Lilienstengel violette Schalen -
die Wellen murmeln leis um unsern Nachen ...
Stumm liegt der Hain mit seinen tiefen Schatten
dort drüben - eine Nachtigall nur schluchzt
ihr bebend, wonnesüßes Liebeslied ...
Da ist auch Dir Dein Krönungskleid zu eng -
der Marmorschimmer Deiner Büste blendet ...
Still taucht das Ruder in die dunklen Fluten.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Hoch über uns die lichte Perlenkette
der Sterne - Königin! -
Ach, wärst Du mein!
Ach, wärst Du mein!
In schneeglanzschimmernden Flor hüllt' ich die Gliederlein
Wie Elfenbein
so zierlich fein
behutsam ein.
Dein schmales Füßchen steckte ich
in seidenweichen Purpurschuh,
die Dunkellocken deckte ich
mit gold'nem Diademe zu.
Dann, um die Schultern hing' ich
Dir ein himmelblaues Atlaskleid,
und um den Nacken schling' ich Dir
ein perlenleuchtendes Geschmeid.
Das Kleid, ganz einfach, ernst und schlicht,
und kurz, daß man die Füßchen sieht,
ans Miederchen ein Sternblumlicht,
dann bist Du wie ein Frühlingslied,
ein Frühlingslied, voll Lust und Mai,
ein Frühlingslied, so duftig zart,
ein stiller Sang, wie »Liebelei«
in Schnitzlers duftig zarter Art.
Am Hals ein Kettlein von Korallen
ein gold'nes Kreuzchen schwebt darin, -
dann ruf ich meine Kronvasallen:
»Kommt! Das ist Eure Königin!
Mein klein Gemahl!
Schwingt Euren Stahl,
und laßt dreimal
das Jubel-»Heil!« erjauchzen durch den weiten Fürstensaal!«
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Doch so - wie schaal!
Nachts kann ich den Schlaf nicht finden,
denn Dein Bildnis will mir nicht schwinden,
bin ich sachte entschlummert kaum,
stehst Du vor mir: ein schöner Traum!
Ein schöner Traum! - doch ach! nur ein Traum!
Nur Nebel und Dunst und Rauch und Schaum!
Und wieder vergrab ich das heiße Gesicht
in die Kissen. - Warum? Ach, warum nur nicht!?
... Komm abends zu mir! ... Ich lösche das Licht.
und wir sind gleich! ... Du siehst mich nicht.
ob ich schön ... ob ich jung ...
Laß mich kosten den Trunk!!! ...
Ich fühle ... ich taste ... nach Dir,
nach all' Deiner jungen Zier ...
Komm - komm Du zu mir!
An den nachtdunklen Ort!!
Du fühlst nur den Menschen ... der Krüppel ist fort
Und Du hörst nur das eine heißatmende Wort ...
Es erklingt ein Akkord …
immerfort ... immerfort - - -
Kein Mißton: Es packte
der Nackte die Nackte –
Zwei keusche Lippen berührten sich Du und Ich!!!
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Dann schläft ein Kranker friedlicher ein
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - .
Ach wärst Du mein!!!
____________________________________
(Mendelssohn, »Lieder ohne Worte«, 44.)
Jetzt möcht ich nur noch sterben - leise, still
Kommt der Erlöser, - legt die kühle Hand
mir linde auf die fieberheiße Stirn ...
Ein lichter Engel sitzt an meinem Bett,
mein liebes, kleines, gutes Wirtshauskind -
es lächelt mir noch einmal zu - wie nie
im ganzen Leben - seine zarten Finger,
die rosigroten, drücken sacht die Augen
mir zu - ein altes, trautes Schlummerlied,
wie's einst die Mutter sang, klingt leise nach ...
Dann schlaf ich ruhig ein - kein Schmerz, kein Leid,
kein Hohn, kein Spott, kein kränkend böses Wort -
Dann schlummre ich leise - träumend - leise ein ...
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Nun bin ich nicht mehr überall im Wege,
nun stör ich keinen frohen Reigen mehr,
nun schleich ich nicht mehr grämlich, finster, krumm
gebückt Lind häßlich durch den frohen Trubel -
Nun lieg' ich bleich und schön im weißen Sarge,
auf weichem Sammet ruht mein kranker Rücken,
Ein Blütenkranz ziert mein brandrotes Haar,
So lieg' ich da, im Totenkerzenschimmer,
mein herbes Antlitz glänzt von Himmelsschöne,
mein wundes Herze schlägt und fühlt nicht mehr,
die roten Lippen werden nicht mehr klagen,
das Auge weint nun keine Träne mehr -
Nun hab' ich ausgelebt und ausgelitten –
»Die Liebe und - der Tod sind stets das Große!«
-- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Dann kommt der Pastor und die Kinder singen:
» O Haupt voll Blut und Wunden ...«, und die Menge.
- die vordem häßlich mich und Krüppel schalten, -
umdrängt den Sarg, - die »schöne Leich« zu schaun. -
Im Hintergrunde wischt wohl auch mein Lieb
sich eine Träne aus den schönen Augen -
Dann geht's hinaus - weit draußen - auf den Friedhof.
- der Pastor sagt: »Der Herrgott war ihm gütig ...«
die alten Weiber ziehn die Taschentücher -
Dann läßt man mich hinab ins kühle Grab ...
Ein letzter Gruß: - die Steinchen rollen nieder ...
» So ruhe wohl! « - Der Pastor fährt nach Hause
und überrechnet unterwegs die Taxe.
Die Menge trottet nach den Bierlokalen,
mein Gastwirtskind, am Arme eines andern,
der feiner, schöner, schlanker ist als ich,
macht noch den Umweg durch die Promenade,
wo beide kichernd - tuschelnd dann verschwinden -
Ich schlafe ruhig ... sehe, höre nichts
und leide nichts ... in meinem kühlen Bett.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -- -
Jetzt möcht ich nur noch sterben - leise - still. ...
Dolorosa
I.
Oben, zwischen Giebelmauern,
Zwischen dumpfen, schwarzen Wänden
mußt Dein Leben Du vertrauern,
Mädchen, mit den zarten Händen.
II.
Mädchen, mit den zarten Händen,
Mädchen, mit dem lichten Blicke,
Äuglein, sternenhell, die blenden,
Mädchen - ohne Sonnenglücke.
III.
Mädchen, das sie »Krüppel« nennen,
Mädchen, voller Himmelsschöne,
Weil die Toren Dich nicht kennen,
sie, des Alltags leichte Söhne.
IV.
Wenn sie ahnten, wenn sie wüßten,
wieviel Liebe Du im Herzen,
wie Dich milde Engel küßten,
wie Du überwandst die Schmerzen.
V.
Wenn sie Dich so sitzen sähen,
mit den weißen, zarten Händen,
weiße, zarte Kleider nähen,
emsig schaffen und vollenden.
VI.
Wenn sie abends Dich erblicken,
wie Du Nachbars armen Kleinen
Märchen vorliest, mit entzückten
Augen, die vor Freude weinen.
VII.
Wenn die Worte leise rauschen,
wie die Kinder an Dir hängen,
wie sie still begeistert lauschen
Deinen bebend süßen Klängen.
VIII.
Was verstehen jene drunten
in der Lust der Lebenswogen,
jene tändelnd, flimmerndbunten
Eintagsfalter, stets betrogen!
IX.
Dolorosa, großes Mädchen,
schöner bist Du, brauchst nicht trauern,
als die »hübschen« Modekäthchen -
Fürstin, zwischen Giebelmauern!
(Lukas XIV.)
I.
Und Jesus wollte fröhlich sein
und seinen Schmerz vergessen,
da lud er seine Freunde ein
zu einem Jubelessen.
II.
Und sandte seine Knechte aus,
hat sie gar selbst begleitet,
und bat so dringend zu dem Schmaus:
»Kommt, alles ist bereitet!«
III.
Doch, die geladen zu dem Mahl,
Entschuldigten sich alle,
Der eine sprach: »Es ist fatal,
doch muß ich zu 'nem Balle!
IV.
Die kleine Scholz erwartet mich,
Du wirst mich schon verstehen ...!
Ich bitte Dich, entschuld'ge mich -
Adieu! Auf Wiedersehen!«
V.
Der zweite rief: »Ein Kamerad -
ein Schuldfreund - Du wirst lachen -
wir wollen heut einen kleinen Skat
gemütlich zusammen machen.
VI.
Und ändern läßt es schwerlich sich;
ein andermal, nach Belieben! -
Ich bitte Dich, entschuld'ge mich!
Es läßt sich nicht verschieben!«
VII.
»Heut Abend? - Arbeit - fürchterlich . . .
« Stottert der Dritte verlegen.
»Ich bitte Dich, entschuld'ge mich!
sei mir nicht bös deswegen!«
VIII.
Da wurde ich gar zornentbrannt:
»Verlassen - Schimpf - Kabale -
Allein - das nennt man Freundeshand -«
Und setzte mich zum Mahle.
IX.
Denn, es war auch schon spät, ja, ja,
das Essen wär verdorben -
Jesus ist später auf Golgatha
Am Kreuze, glaub' ich, gestorben.
Das war der stille Tag der Toten …
Und draußen übers graue, weite, weite Land
rast ächzend stöhnend der Novemberwind,
und düster hängt der dunkle Wolkenflor
am Firmamente. - Ins Unendliche
recken ohnmächtig nackte Baumgespenste
die mag'ren Arme langend suchend aus -
Ein schmutziger, feuchtkalter Regentau
sickert, ein Tränchen nach dem andern, nieder ...
Und über allem drückt unheimlich lastend
dumpf eine dicke, dicke Nebelschicht -
Und wir gedachten derer, die gestorben ...
Im traulich stillen Stübchen saßen wir
- die Laden vor - ein Feuer im Kamin -
und draußen heulte der Novemberwind -
Und Du - Du spieltest - Deine Geige sang,
und eine traurige, verlaßne Weise
schluchzte leis ... leise durch den Dämmerraum.
Und Deine Seele klagte in den Saiten ...
Und übers Pult gebückt, klein, standst Du da -
unscheinlich - kurzsichtig, das wirre Haupt
nah übers Blatt geneigt - ganz ungelenk -
doch hinter Deinen Augengläsern sah ich
zwei Sterne schimmern - und ein Engel sang …
und inbrunstzitternd schluchzte Deine Geige …
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Und wir verbargen uns're müden Stirnen
in unsren Händen, und wir weinten still ...
Und eine Sphärenharmonie durchschwebte hell
und glockenrein und bebend das Gemach. ..
dazwischen knisterte verstohlen, scheu
das Feuer im Kamin - - -
Und wir gedachten derer, die gestorben....
Dann nahm ich selbst ein Buch aus meinem Schranken,
ein schmucklos, kleines, einfachschwarzes Buch,
doch ein Gefäß voll herber Süßigkeit,
ein ernstes, heil'ges Buch -: wie 'n Menschenkind
totwundgehetzt - zuletzt - zusammenbricht
am gold'nen Tore einer schönren Welt ...
Ich las ... und eine sel'ge Kraft in mir
gab mir, daß alles ich durchdrang, durchrang....
daß keine blecherne, plappernde Schelle ich war,
nein, daß ich alles litt und alles lebte ...
Ich las das Drama vom verlornen Sohne,
durchkostete sein galliges Martyrium ...
ich predigte die markig schlichten Worte,
die Michael Kramer seinem Sohne nachruft
ins dunkle Reich, die viermal »Leid« beginnen
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
ich jubelte: »Man wird aus Leiden groß!«
ich klagte: »Was ist mir nicht alles gestorben ...?«
anklagegellend schrie ich -
»Grausame Bestien sind doch die Menschen!«
Ich triumphierte: »Jetzt gibt er dem Größten der Großen nichts nach.«
Ich tröstete: »Der Tod ist mild wie die Liebe.«
Ich jauchzte: »Es wird auch heut nicht sterben!«
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Und doch ... ich winselte zuletzt ohnmächtig,
tastend ... suchend …
» Aber was - was wird es am Ende wohl sein. «
Und dann, am Abend, ging ich still hinaus
zum Friedhof, wo die Lieben ruhig schlafen.
von allen Türmen läuteten die Glocken,
und durch die totenstille Luft hindurch
klang summend eine ernste Harmonie ...
Schon weit, von ferne, sah ich hoch am Himmel
'ne Purpurdecke, wie ein riesengroßer
hermelinumhangner Kaiserkatafalk ...
und näher kam ich ... ein Kristallsaal glitzte,
drin lauter kleine, lichte Seelchen huschten,
die eben ihrer Grabesnacht entfloh'n -
feierlich glänzten, prächtig funkelnd, strahlend
die Lichter in die schwarze Nacht hinein,
die still die treuen Hände ihrer Freunde
zum ernsten Fest der Toten dargebracht ...
Gespenstisch flackerte die Kerzenglut
an fahlen Marmorkreuzen geisterhaft empor
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
und in den Gängen zwischen Gräberreihen
wogte die Menge lautlos hin und her ...
dazwischen raschelte nur das dürre Laub
unter den schleppenden Füßen der Kirchhofspilger
Ich trat zuerst zum Grabe jenes Großen,
Der einst aus seines Herzens Fülle sang
von kühlen Wäldern, wo die Blätter rauschen,
von Silberbronnen und verfallnen Schlössern,
um deren Marmor sich der Efeu schlängelt,
von Bergen, wo die Rehe einsam grasen,
der von der Heimat sang, vom Schlesierlande,
der von der weiten Gotteswelt uns sang,
der von dem Schöpfer, der es wohl gemacht ...
Gleich hinterm kleinen Kirchlein traut versteckt
zwei schmucklos, ernste, einfach große Quadern
ruhig und friedlich liegen sie und träumen ...
In Lettern, die der Regen halb verwaschen
erzählt es: » Joseph, Freiherr v. Eichendorff ..,«
wie eines alten, frommen Liederbuches
vergilbte, heimlichliebe, schlichte Seiten -
ein still Gebet - und dann ein Veilchen leg ich -
ein Veilchen, das ich kürzlich - Wunder! - fand,
- auf diesen Friedensaltar - Ruhe wohl! …
Nun hab' ich einen zweiten schweren Gang
noch vor, hinauf, bis in die letzte Reihe,
am Zaune dicht, - dort leuchten keine Kerzen, -
weit, weit hinauf - wo müde, müde schlummern,
die selbst das Leben, ein beschmutzt Gewand,
mit rascher Hand von sich geworfen - finster,
dunkel - dort oben - dort ruht er - mein Freund' ...
Wir waren Spielkamraden - gute, liebe ...
Wie's kam? - Er war schon immer etwas laut. ..
und, ach! - die sorglich, treue Mutterhand,
ihn hat sie nicht geleitet. .. Wild, unbändig war er,
er taumelte von Lust zu Lust ... Er stürzte
genießend sich ins laute Meer der Wonne ...
'nem stillen Mädchen brach er's liebe Herz …
mich hatte er schon längst, schon längst vergessen ...
Er jauchzte, tollte weiter, immer weiter -
Dann kam das Ende ... eine kleine Kugel ...
in einer Laube morgens fand man ihn,
in einer Laube an der Flußpromenade -
vor ihm lag ein zerknittertes Billett,
ein moschusduftend, rosa zierlich Blatt...
Und unten rauschte Well um Well vorüber -- –
»Ihr laßt den Menschen schuldig werden,
Dann überlaßt ihr ihn der Pein!«
Lange stand ich - das Haupt entblößt - am Grabe,
ein leiser Regen sickerte herab ...
Unter mir leuchtete das Flammenmeer -
Und mitten drinnen hob ein Birkenstamm
sich drohend in den purpurprunken Himmel ...
Wälzt mir, ihr blöden Menschenstöcke,
eine Legion erratische Blöcke
ächzend herbei!
Türmen will ich das Riesengestein
hoch empor bis in den Himmel hinein,
Daß es ein Denkmal sei.
Und auf die schwindelnd gigantische Spitze
schreib ich mit frechsatanischem Witze,
Daß es der Sonne entgegenblitze:
» Pfui - Pfui, Teufel! «
Reißt mir herab vom prangenden Himmel,
Knechte, das flimmernde Sternengewimmel,
stöhnend herab!
Leimen will ich sie, groß und klein,
mir aneinander zum Leichenstein
einst auf mein Grab.
Und in funkelndblendenden Lettern
soll es dem Monde entgegenwettern,
soll es grellen, bei allen Göttern!:
»Pfui-Pfui, Teufel!«
Jagt auf das Schlachtfeld und schöpfet in Kannen
Alle die Ströme Blutes, die rannen
auf dem Gefild,
und ich will eine Inschrift pinseln,
Die soll stöhnen und ächzen und winseln,
Klagend und wild.
Und mit dickgrelllglühenden Farben
von den Leibern all derer, die starben,
soll es leuchten in blutigen Narben:
»Pfui-Pfui, Teufel!«
Denn »Pfui Teufel!« »Das ist mein Gotthelf!«
Denn »Pfui Teufel!«, das ist mein Gebet,
wenn alles drüber und drunter geht,
das ist zum 10. Gebot die Elf.
Seh' ich'nen schmutzigen Weiberrock
und dahinter 'nen geilen Männerbock,
zeigt sich ein näselnder »Vaterlandsheld«
oder sonst was » geistvolles « in der Welt,
seh' ich 'nen »Kühnstlähr« mit langen Haaren,
so 'nen recht »modernen« und sonderbaren, -
oder plagt sonst mich ein Schnupfen und Zweifel,
immer hilft mir mein göttlich:
» Pfui - Teufel! «
Bald wirst Du nicht mehr leben ...
Fühlst Du, was das heißt?
Es wird Tage und Nächte geben,
von denen Du nichts weißt.
Die Sonne wird leuchten und glühen -
Du liegst in düstrer Gruft.
Die Blumen werden erblühen -
Du spürst nichts von ihrem Duft.
Die Welt wird sich amüsieren,
wie bisher: Es führt der »Freund«
vergnügt Dein Liebchen spazieren ...
- Nur Deine Mutter weint.
Und wenn das Herz im Leibe ist zerrissen,
Zerrissen, und zerschnitten, und zerstochen -
Dann bleibt uns doch das schöne gelle Lachen.«
(Heine, »Buch der Lieder: Sonette«.)
Die Sommernacht war so heiß, so schwül …
Und ich lag dufttrunken auf meinem Pfühl,
halb wacht' ich, - halb schlief ich, - und ich sann - wo ich ... bin …
und ich wälzte mich - reckte mich, schoß dahin,
und ich flog durch den glühenden Wüstensand,
von den Sonnenfeuerstrahlen verbrannt,
und ich flog auf wildem Araberroß
durch den gelben Sand, wo kein Wasser floß.
Meine Zunge lechzte - es pochte die Stirn,
im heißen Schädel brannte das Hirn -
und nirgends ein Bächlein, eine Quelle,
nirgends eine kühlende Welle,
überall flammender Wüstensand
rings um mich her - - - da entstand
plötzlich vor mir eine grüne Oase,
und im üppig schwellenden Grase
lagen am Quell Dromedare knieend,
saßen Araber mit lüsternen Mienen,
Dir, Du Holde, Du Traute, zu dienen -
denn in der Mitte, in Jugend blühend,
standst Du, als ihre Beherrscherin,
freudig erglühten die Rosenwangen,
blühende Rebengewinde schlangen
sich von Palme zu Palme hin,
wölbten sich Dir als schattiges Zelt
über dem Köpfchen von Locken umweht.
Lustig lachte Dein Glutaugenpaar
über die Beduinenschar,
lud zu erquickender Rast mich ein,
und der Lippen rosafarbenes Band,
und der Hals, ein Türmchen aus Elfenbein,
und drunter, aus luftigem Flittergewand,
lugten verschämt und verstohlen zugleich,
zwei knospende Brüstchen weiß und weich,
und weiter die Linie, die Lenden - und so ...
na, das malt euch ja prächtig schon Salomo ...
Kurz: wie des Mondes bleichschimmernde Fluten
Wie der Sonne leuchtende Purpurgluten,
Wenn sie prunkend über den Himmel zieht -
Warst Du, bist Du, Fürstin! Judith! ...
Jetzt ... hobst Du Deinen weißen Arm
und winktest mir zu dem labenden Quell,
Da spornt ich mein Roß, da sauste ich schnell
umkreist von der Geier kreischendem Schwarm.
Rasender flog ich, wieder und wieder
stach ich dem Renner den Sporn in die Weichen....
»Die Oase muß ich erreichen!!!« ...
»Weiter!« - da stürzt mein Renner nieder,
und im Sande lag Reiter und Roß ...
Der Renner tot . . . Der Reiter zerschlagen ...
Und das blendende Bild zerfloß ...
»Fata morgana« die Fremden sagen.
Der in schwüler Sommernacht
träumte diesen Wüstenspuk,
als das Roß sich überschlug, -
ist er wieder aufgewacht.
Und es trank der kecke Reiter,
Drei Glas Wasser, mit Entzücken,
legte dann sich auf den Rücken -
und - schlief ruhig weiter. -
Nun ist es ihm völlig klar,
Daß er nicht das Glückskind war,
dem Judiths weiße Hand gewunken -
Er - gehörte zu den Dromedaren,
die bei der Quelle knieend waren,
und die der Judith viel zu viel - gestunken.
Er gehörte zu jenen Kamelen,
mit den »zarten, unschuldigen« Seelen,
die schon ein Blick von Ihr berückt,
Die sich prügeln lassen, geduldig, verzückt,
seelig, daß Ihre Hand es war -
Er ist und er bleibt ein Dromedar.
Die Heimatgefilde huschten vorbei,
Die meine Freunde einst waren,
nun sind sie Schein, verlorne Träumerei ...
Die Telegraphendrähte
hoben und senkten sich wie Fahnen,
oder wie Hände in stillem Gebete,
wie treue Hände, die bitten, mahnen ...
Und ich dachte an eine enge Gasse
und an ein kleines, saubres Haus;
dort lehnt am Fenster eine blasse Frau,
die schaut weinend aus …
Ja, die blickt weinend herüber,
wo der Zug mich trug nach der Gegend zu ...
»Himmlischer Vater, lieber,
Beschütze Du ihn, Allgütiger, Du! ...«
Und dann pressen sich die blassen
Wangen ans Fenster, sehnsüchtig und matt -
Ein Knabe steht verlassen
in einer fremden, großen Stadt.
Am Ufer stehen Pinien und träumen
Und neigen ernst zum Wasser sich herab,
Die meines Teiches weiße Ränder säumen,
Wie treue Freunde an des Liebsten Grab,
Zuweilen tropft der Regen von den Bäumen,
Gleich einer Träne, die die Sehnsucht gab …
Und alles still ... Ein dunkler Himmel droben,
Ein Trauerflor, aus Wolkenstreif' gewoben. -
Dann naht die Fürstin. Rabenschwarzes Haar,
Das ringelt sich um einen weißen Nacken,
Und Augen, die die tiefe Nacht gebar,
Und Zähne, die die Frucht begierig packen,
Und dann ein rubinglühend Lippenpaar, -
Ein leuchtendes Metall und ohne Schlacken -
Die Brüste schimmern, dehnen sich begehrend,
Die Augensterne funkeln lustverzehrend …
Und bleiche Pagen, deren Hände zittern
Vor Fieber und vor Wollust und Begier ...
Und rote Augen hinter Silbergittern ...
Und dann, der Fürstin junger Offizier,
Umgeben von des Minnehofes Rittern,
Und adelszarte Edelfräulein, vier : : : -
Lüsterne Zünglein zucken zwischen Lippen,
Wie Schmetterlinge von dem Honig nippen …
Am Ufer stehen Pinien und träumen,
Und neigen ernst zum Wasser sich herab -
» Nun soll der Purpurwein im Becher schäumen,
Ein Freudenhaus schaff ich aus diesem Grab,
Ein Jubelfest hier unter Trauerbäumen!«
Laut ruft's der Fürst und winkt mit goldnem Stab -
»Nun, Königin!, reich Deinen Mund mir her!« -
Da fällt ein Schuß .... Der Leutnant ist nicht mehr …
»Hinweg! Was. ...?« schreit die Fürstin gell, entsetzt.
» Wo ist ... Wo ist mein junger Offizier?« ...
»Den ersten Schluck, der meinen Gaumen letzt,
Dies glüh'nde Blut, Regina, bring ich Dir! …
« Die bleichen Wangen tränenübernetzt,
Die Augensterne strahlen starr und stier ...
Und alles still ... Ein dunkler Himmel droben ...
Ein Trauerflor aus Wolkenstreif gewoben ...
Ich möchte Euch peitschen!
Euch Menschenschund!
In die Waden Euch beißen
Wie 'n Kettenhund!
Der Himmel ist trübe,
Der Mond hängt so blaß,
Wie 'ne Stallaterne
Im schmutzigen Faß.
Da zittert Ihr kläglich
Und bebet zugleich:
»Ist ... de ... er Hund festgebunden?
« Stottert Ihr bleich.
Der liegt in der Hütte
Der Minderzahl
Und nagt an dem Knochen
Eurer billigen Moral.
Dann gähnt er gelangweilt
und laust sich und kreißt,
»Ihr braucht nicht zu fürchten,
Daß er Euch beißt!«
I.
Es zieht etwas durch die Luft …
So wie Rosenduft,
So wie Frühlingserwachen - - -
Ein verstecktes Lachen,
Ein geheimes Flüstern,
Bald keusch - bald lüstern. -
Ein lockendes Singen,
Ein Klingen
Wie von bebenden Engelsharfen …
Auf blütenbesätem Baum
Flötet die Nachtigall
Ihr Lied im Jubelschall ...
Drunter: ein schöner Traum,
Ein seeliges Märchen:
Kost ein Pärchen.
Fest umschlungen
Sitzen die Jungen:
Die leben die erste Wonne -
Golden leuchtet die Frühlingssonne.
II.
Es zieht etwas durch die Luft ...
So wie Grabesduft,
So wie Winterahnen,
Wie ein ernstes Mahnen,
Wie verhaltene Tränen,
Wie ein stilles Sehnen,
Wie ein leises Schlafen
Im Hafen,
Wie ein träumendes Schlummerlied …
In schneeverwehter Hütte sitzt
am warmen Herd ein greises Paar.
Es schimmert silberweiß ihr Haar.
In ihrem Aug' ein Funke blitzt
von alter, heißer Liebesglut ...
Sein Runzelgesicht an ihrem ruht.
Die Hände gefalten nicken verträumt die Alten:
und träumen den letzten Traum -
Der Eiswind klagt in dem düstren Raum.
»Die Liebe suchte ich auf allen Gassen.«
I.
Die Mutter war mir gestorben -
Da war's mit der Güte aus.
Da zog ich weinend hinaus
Und habe um Liebe geworben
Und klopfte bei jeder Türe an
Als Bettelmann.
II.
Ich wollt' einen Freund mir gewinnen
In Lust und Leid
Stets treu und bereit.
Ich wollte ein Mädchen minnen,
Einen guten Engel, still und traut,
Eine liebe Braut.
III.
Doch mich trog die lockende Ferne -
Ich war ja zu schlicht
Und ein armer Wicht ...
Und niemand hatte mich gerne,
Kein Freund und kein blühendes Ding -
Und ich ging!!!
IV.
Da traf mich ein Priester in meinem Schmerz,
Der zeigte den Spruch
Mir im Bibelbuch:
» Gott ist die Liebe « - Sei stille, mein Herz! -
Und weiter irr ich, trotz Hohn und Spott:
Nun suche ich Gott!
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